Lärm stört, stresst und schadet. Er beeinträchtigt die Gesundheit des Menschen und seine Aktivitäten in der Schule, am Arbeitsplatz, zu Hause und in der Freizeit. Und er nimmt schleichend zu.

Lärm ist unerwünschter Schall. Schall, den die Betroffenen als lästig erleben. Schall, der gesundheitliche Auswirkungen haben kann, der die Betroffenen psychisch, körperlich, sozial oder ökonomisch beeinträchtigt. Die Belästigung durch Lärm ist die am häufigsten wahrgenommene Form von Umweltbelastung. Unlust, Ärger, Unzufriedenheit oder Aggressionen sind nur einige Symptome. Neben den alltäglichen Tätigkeiten leiden auch Schlaf und Erholung unter Lärm, die Kommunikation wird gestört, die Leistungs- und Lernfähigkeit nimmt ab. Stressreaktionen, veränderte Hormonwerte, Bluthochdruck, erhöhtes Risiko für Herzinfarkt und andere Herzkrankheiten sowie frühzeitige Todesfälle suchen die Betroffenen heim. Lärm wirkt also nicht nur aufs Ohr, sondern beeinflusst den gesamten Organismus. Der Körper steht unter Dauerstress.

Wer es sich leisten kann, zieht von einem lärmbelasteten Wohnort weg. Zurück bleiben Menschen, die sich eine ruhigere und teurere Wohnlage nicht leisten können. Pro Jahr verursacht allein der Strassenverkehr externe Lärmkosten von 870 Millionen Schweizer Franken. Dieser Betrag besteht aus Gesundheitskosten und Mietzinsausfällen. Weitere Kosten kommen hinzu. Sie werden von der Allgemeinheit getragen: Wertverlust von Immobilien oder Produktionsausfälle durch verminderte Leistungsfähigkeit am Arbeitsplatz. Die tatsächlichen Kosten von Lärm betragen also einiges mehr.

Ab wann ist Schall unerwünscht?

Schnelle Druckschwankungen in der Luft werden vom Gehör als Schall aufgenommen und in Nervenimpulse umgesetzt. Diese Impulse werden als Geräusche wahrgenommen. Das Ohr ist für tiefe und sehr hohe Töne weniger empfindlich als für mittlere Töne.

Schall wird in Dezibel (dB) gemessen. Die Dezibelskala ist nicht linear wie ein Metermass, sondern für leise Geräusche fein gegliedert, für laute Geräusche grob. Im Bereich von 120 bis 130 dB beginnt die Schmerzempfindung im Ohr. Die sprachliche Kommunikation unter Menschen findet in einem Pegelbereich um 60 dB statt. Für den Strassenlärm in einem Wohngebiet gelten diese 60 dB als Immissionsgrenzwert. Auch in diesem Bereich liegt die Schwelle der Lärmbeläs tigung.

Einige Beispiele zu alltäglichen Schallpegeln:

Computer 40 dB
Gespräche 60dB
Auto 80dB
Kettensäge 100 dB
Flugzeug 140 dB
Sturmgewehr 160 dB

Hörschäden sind erst ab einer andauernden Beschallung von über 80 dB über das Jahr zu erwarten. Gefährdet sind insbesondere Menschen an sehr lärmbelasteten Arbeitsplätzen, aber auch Personen, die zu laut Musik hören. Das Risiko von arbeitsplatzbedingten Gehörschäden ist durch die geltenden Sicherheitsbestimmungen heutzutage minimiert – Hörschäden durch zu lautes Musikhören sind aber insbesondere bei jungen Menschen weit verbreitet. Hörverlust ist unheilbar. Und er ist besonders heimtückisch: Er entwickelt sich ohne warnende Schmerzsymptome.

In der Schweiz sind Grenz- und Richtwerte von Lärm am Arbeitsplatz genau definiert. Erreicht oder überschreitet der auf einen Arbeitstag von acht Stunden berechnete Dauerschalldruckpegel 85 dB, so ist eine Risikobeurteilung vorzunehmen, und es sind die notwendigen Massnahmen zu treffen:

  • 85 bis 87 dB pro Woche, Monat oder Jahr: Die Lärmbelastung liegt im Grenzbereich der Gehörgefährdung. Dem Personal sind Gehörschutzmittel zur Verfügung zu stellen. Das Tragen dieser Schutzmittel ist zu empfehlen. Die Gehörkontrollen sind freiwillig.
  • 88 dB pro Woche, Monat oder Jahr: Die Lärmbelastung gefährdet das Gehör. Bei Lärm am Arbeitsplatz, der nicht durch technische Massnahmen reduziert werden kann, muss der Arbeitgeber das Gehörschutzmittel-Obligatorium einführen und durchsetzen. Gehörkontrollen sind obligatorisch.

Aktuelle Forschungsergebnisse

Trotz dem anhaltenden finanziellen Druck auf die Lärmwirkungsforschung werden in der Fachliteratur weiterhin regelmässig Arbeiten zur Wirkung von Lärm auf die menschliche Gesundheit publiziert. Derweil steigt die Zahl der Betroffenen. Es werden negative Einflüsse auf das Lernverhalten und, unter bestimmten Bedingungen, eine Erhöhung der Aggressionen bei Kindern festgestellt. Britische Forscher fanden heraus, dass sich der Zeitpunkt, an dem Kinder lesen können, um bis zu zwei Monate pro fünf Dezibel Anstieg des Lärmpegels verzögert. Andere Forscher fanden in einer Untersuchung des Zusammenhangs von Luftqualität und Asthma an 370 Kindern heraus, dass die Symptome ausgeprägter wurden, wenn gleichzeitig eine hohe Lärmbelastung bestand.

In der Lares-Studie der WHO in acht europäischen Städten wurde 2002 und 2003 der Zusammenhang zwischen Belästigung und Erkrankungsrisiko untersucht. Der Strassenverkehrslärm ist zwar die wichtigste Ursache für Lärmbelästigungen, ist jedoch dicht gefolgt vom Nachbarschaftslärm, der in gesetzlichen Regelungen nur wenig Beachtung findet.

Im Jahr 2003 wurde in Deutschland eine Studie zur Abklärung des Lärmeinflusses auf das Herzinfarkt-Risiko durchgeführt. Sie ergab für Männer ein leicht erhöhtes Risiko. Für Frauen dagegen konnte keine statistisch gesicherte Erhöhung nachgewiesen werden.

Lärm bei der Arbeit

Der Lärm am Arbeitsplatz setzt sich aus zwei Faktoren zusammen: Aus den Fremdgeräuschen, die von aussen oder von benachbarten Räumen eindringen, und aus dem Betriebslärm, der durch Menschen und Maschinen im Raum entsteht. Als Richtwert für die obere Lärmgrenze in Büroräumen gilt der Durchschnittswert von 55 Dezibel. Ob Geräusche als Lärm empfunden werden, ist aber nicht nur von Dezibel abhängig: So können schon Geräusche von Ventilatoren oder Motoren stören, die unter 55 Dezibel liegen.

Je lauter es im Raum ist, desto grösser ist die geistige Anstrengung, die zur Erledigung einer Arbeit aufgewendet werden muss. Die Leistungsbereitschaft sinkt, und es tritt eine starke Ermüdung auf. Auch plötzliche Lärmspitzen, die aus der allgemeinen Geräuschkulisse herausragen, unterbrechen und stören die Konzentration. Der Mitarbeiter schreckt auf und richtet seine Aufmerksamkeit von der Arbeit weg und hin zur Lärmquelle. Gespräche zwischen Mitarbeitern können ebenfalls von der Arbeit ablenken. Dafür ist weniger der Schallpegel verantwortlich, sondern viel mehr der Informationsgehalt der Gespräche.

Zahlen zum Lärm am Arbeitsplatz

Ein Bericht der Osha (Europäische Agentur für Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz) hat versucht, Lärm bei der Arbeit in Zahlen zu fassen. Ein zunehmender Anteil der Arbeitnehmer ist im Dienstleistungssektor beschäftigt. Aus diesem Grund rücken im Bericht nicht nur Sektoren in den Fokus, die für ihre hohe Lärmexposition bekannt sind, sondern auch dienstleistungsorientierte Tätigkeiten, die überwiegend von Frauen ausgeübt werden, beispielsweise im Bildungswesen oder in Call-Centern.

In vielen Sektoren übersteigen die Lärmpegel noch immer regelmässig die Grenzwerte, beispielsweise in der Landwirtschaft, im Baugewerbe, im Maschinenbau, in der Lebensmittel- und Getränkeindustrie, in der Holzverarbeitung, in Giessereien oder im Unterhaltungssektor. Am stärksten sind Handwerker, Facharbeiter, Arbeitskräfte in der Landwirtschaft und den Streitkräften Lärm ausgesetzt. In gewissen Sektoren sind Frauen erheblich starkem Lärm ausgesetzt, wobei der Anteil der betroffenen Frauen in den neuen Mitgliedstaaten der EU viel höher ist als jener in den EU-Ursprungsländern. In der Tschechischen Republik sind 75 Prozent der Arbeitskräfte, die in der Textilproduktion Lärm ausgesetzt sind, weiblich. 50 Prozent sind es in der Lebensmittelproduktion.

Ausserdem scheinen zunehmend mehr junge Arbeitskräfte betroffen zu sein. Den Erhebungen der Europäischen Stiftung zufolge berichteten Arbeitnehmer in der Lehrzeit oder in anderen Ausbildungsprogrammen im Jahr 2000 über mehr Hörprobleme als im Jahr 1995. Besondere Aufmerksamkeit muss daher der Ausbildung junger Arbeitnehmer gewidmet werden, wobei insbesondere ihre gesundheitlichen Probleme spezieller behandelt werden sollten. Ob die Zunahme der Hörprobleme von Jugendlichen aber tatsächlich im Zusammenhang mit der Arbeit steht oder zu laute Musik eine alternative Ursache darstellt, sei dahingestellt.

Lärm schädigt aber nicht nur das Gehör von Arbeitnehmern, sondern kann auch Ursache von Arbeitsunfällen sein, weil er die Kommunikation behindert. Arbeitskräfte, die Gehörschutz tragen, sind unter Umständen nicht in der Lage, mündlich gegebene Anweisungen zu verstehen und akustische Warnungen zu hören. Mehrere Projekte verfolgen das Ziel, ein Verfahren zu entwickeln, mit dem abgeschätzt werden kann, welche Auswirkungen die Verwendung von Gehörschutz auf die Sprachverständlichkeit und die Wahrnehmung akustischer Signale hat.

Schutz gegen Lärm

Das Umweltschutzgesetz mit der Lärmschutzverordnung hat zum Ziel, die Bevölkerung vor schädlichem oder lästigem Lärm zu schützen. Die wichtigsten Prinzipien sind Lärmbekämpfung an der Quelle, Vorsorge zur Vermeidung von zukünftigen Lärmbelastungen, Sanierung von bestehenden lärmigen Anlagen und Überwälzung der Kosten auf die Verursacher. Für die Lärmverursacher Strassen, Eisenbahn, Flugplätze, zivile Schiessanlagen und Industrie- und Gewerbeanlagen wurden Lärmbelastungsgrenzwerte festgelegt.

Der Schutz des Gehörs am Arbeitsplatz wird durch die Verordnung zur Unfallverhütung geregelt. Die Schall- und Laserverordnung setzt zum Schutz von Konzertbesuchern Grenzwerte an Veranstaltungen mit elektroakustisch verstärkter Musik fest.

Wo gearbeitet wird, entsteht Lärm – das ist Fakt. Dieser kann schon mit kleinen Massnahmen verringert werden: Im Büro sollten Apparate und Maschinen wie Drucker und Kopiergeräte nicht in der Nähe des Arbeitsplatzes aufgestellt werden, Rechner lassen sich unter dem Tisch verstauen. Arbeitsorganisatorische Massnahmen wie eine Umgruppierung der Arbeitsplätze können ebenfalls Abhilfe schaffen.

Es gibt aber auch Lärm, der nicht verhindert werden kann. Für Arbeiten mit einer Pflicht zum Tragen von Gehörschutz ist es wichtig, dass die Mittel richtig und konsequent genutzt werden. Ein Gehörschutz muss den Lärmschutz gewährleisten, soll gerne getragen werden und darf das Wohlbefinden des Tragenden nicht beeinträchtigen. Viele Tragende klagen aber über mangelnden Tragekomfort, die eingeschränkte Fähigkeit zu kommunizieren, das unangenehme Tragen bei warmen Temperaturen und über Kopfschmerzen nach längerer Tragezeit.

Es gibt viele verschiedene Gehörschutzmodelle: Einweg-Gehörschutz, Mehrweg-Gehörschutz, Kapsel-Gehörschutz oder dem Ohr angepasste Gehörschutze. Schweizer Anbieter haben sich den verschiedenen Problematiken angenommen und Gehörschutz-Lösungen im Angebot, die den Faktoren Tragekomfort, Schutz und Kommunikation Rechnung tragen.

Quellen und Links

www.laerm.ch, www.tag-gegen-laerm.de, www.aefu.ch, www.sga-ssa.ch, www.laermliga.ch, www.admin.ch,

www.umwelt-schweiz.ch/laerm, http://osha.europa.eu, www.hvbg.de

Veröffentlicht in der Fachzeitschrift Safety-Plus (Mai 2007).