Cofely heisst neuerdings «ENGIE». Wolfgang Schwarzenbacher, CEO der ENGIE Services AG, erklärt was es damit auf sich hat. Aber nicht nur das.

Seit dem 2. Mai 2016 tritt «Cofely» in der Schweiz als «ENGIE» auf. Wir wollten von CEO Wolfgang Schwarzenbacher wissen, welche Entwicklung dahintersteckt und nutzten die Gelegenheit, mit ihm über den FM-Markt im Jahr 2016 zu philosophieren und einige Ausblicke auf die Herausforderungen der Zukunft zu wagen.

Weshalb heisst das, was wir als «Cofely» kannten, nun plötzlich «ENGIE»?
Der Konzern wollte seine über 100 Marken weltweit vereinheitlichen. Ausserdem suchte man einen Namen, der die Strategie des Konzerns repräsentiert. «ENGIE» steht für die Themen Energie und Energie-Effizienz. Interviews auf der Strasse zeigten: Mehr als 70 Prozent der Befragten ordnen «ENGIE» intuitiv diesen Themen zu.

In welchen Bereichen bewegt sich der Konzern?
Wir sind in der ganzen Wertschöpfungskette tätig. Im klassischen Energiebereich sind wir Versorger, wir verkaufen und produzieren Energie. Hier haben wir uns der Nachhaltigkeit verschrieben, steigen aus der Kohlekraft aus und investieren beispielsweise viel mehr in Windenergie und in die neuen erneuerbaren Energien. Hinzu kommt der Bereich Services mit den klassischen Installationen, insbesondere auch mit dem ganzen Energiemanagement, den Optimierungen und der Betreuung bis zum Endkunden – egal ob für einen Privathaushalt, Wohnbau oder Industriebetrieb. Das ist die Idee.

Wie sind die Reaktionen auf das Re-Branding?
Sie sind mehrheitlich gut. Unter Cofely konnte man sich nie das vorstellen, was man sich nun unter ENGIE vorstellen kann. Es ist ein neuer, frischer, moderner Auftritt. Natürlich gibt es auch negative Stimmen und Fragen, weshalb es schon wieder einen neuen Namen braucht. Dann können wir das erklären. Schlussendlich sind wir immer noch die gleichen Leute, die gleiche Firma. Und da wir die Marke weltweit vereinheitlichten, dürfte sie nun eine Weile Bestand haben.

Auch, weil uns das Thema Energie noch lange beschäftigen wird?
Das Thema ist ein Megatrend und dieser wird anhalten. Energie-Management und -Optimierungen sind eine strategische Komponente. Wir kommen aus der Technik, haben deshalb das nötige Know-how und bringen die Themen Energie und Optimierungen immer ein, unabhängig von den tatsächlichen Bestandteilen laufender Verträge und auch in unseren Offerten.

«Einen Vertrag einfach abzuarbeiten, das reicht nicht mehr.»

Was erwarten ihre Kunden heute von Anbietern wie Ihnen?
Wir haben ein wirtschaftliches Umfeld, das sicher schon besser war. Es gibt Kostendruck, Kunden müssen Kostenpunkte einsparen. Das merken wir sowohl in laufenden Verträgen als auch in Ausschreibungen. Wir müssen in den Prozessen also sehr gut sein, müssen flexibel und innovativ sein. Wir müssen Lösungen anbieten, die andere nicht anbieten. Einen Vertrag einfach abzuarbeiten, das reicht nicht mehr, weder heute noch in der Zukunft.

Denken Ihre Kunden überhaupt noch über mehrere Vertragsgenerationen?
Das ist unterschiedlich. Es gibt Kunden, die regelmässig ausschreiben, um den bestehenden Provider in Sachen Kosten zu drücken. Erfahrungsgemäss sind jedoch sieben bis zehn Jahre ein Zeitraum, nach dem manche einen anderen Anbieter ausprobieren wollen. Man muss deshalb immer innovativ sein und zusätzliche Dienstleistungen anbieten. Das ist die Kunst der Kundenbindung. Man muss das Gebäude des Kunden stets so betreuen, wie wenn es das eigene wäre. Energie ist da nur ein Thema. Man muss nach links, rechts, oben und unten schauen, auch wenn etwas nicht Teil des Vertrages ist, muss man dafür Lösungen anbieten. Wenn der Kunde merkt, dass man wirklich gut zu seinem Gebäude schaut, liegt die Wechselschwelle höher.

Der Kunde will also ein möglichst integrales Paket. Ist das ein allgemeiner Trend?
Für mich ist das einerseits ein Trend, andererseits eine Frage der Philosophie. Es gab eine Zeit, als man Technik und Soft-FM immer separat ausschrieb. Die Argumentation war, dass es keine Firma gibt, die überall gut ist. Auch heute schreiben wir noch Offerten für reine Technik-Ausschreibungen. Doch die meisten internationalen und europäischen Kunden möchten möglichst alle Dienstleistungen von einem Provider. Und zwar von einem Komplettanbieter mit einer hohen Eigenwertschöpfung, der also nicht nur mit Sub-Unternehmen arbeitet, sondern so viel wie möglich selber anbieten kann.

«Ich sehe eine sehr positive Zukunft für die Branche.»

Wie beurteilen Sie die Schweizer FM-Branche im internationalen Vergleich?
Sie hat sicher stark aufgeholt und sich professionalisiert. Vergleicht man Ausschreibungen von heute mit solchen von vor fünf Jahren ist das eine ganz andere Welt. Die Kunden haben viel mehr Know-how. Auch die Aus- und Weiterbildungen haben dazu viel beigetragen. Im Vergleich zum Ausland, zum Beispiel UK, ist die Schweiz jedoch noch konservativer in Fragen des Outsourcings, insbesondere im öffentlich-rechtlichen Bereich oder beispielsweise im Gesundheitswesen. Der Schweizer Kunde hängt mehr an seiner Infrastruktur als Kunden im Ausland. Da sind wir sehr zaghaft. Aber das ist natürlich auch ein grosses Potenzial für den Markt. Die Nachfrage steigt, auch aufgrund des wirtschaftlichen Drucks. Und es ist ein grosser Markt, wir sprechen von einem Bewirtschaftungsvolumen von 40 bis 50 Milliarden Schweizer Franken. Ich sehe eine sehr positive Zukunft für die Branche.

Die Wahrnehmung und der Stellenwert des FM in der Schweiz nehmen also zu?
Definitiv, einerseits aufgrund der Professionalisierung, andererseits, weil die Immobilienbranche die Lebenszyklus-Betrachtung wesentlich konkreter sieht. Sie hat gemerkt, dass es auch die Betriebs-Phase für eine Gesamtbetrachtung braucht, nicht nur die Investitionskosten. Das FM gewann deshalb an Priorität. Es darf aber noch mehr sein.

Kommen sie an genügend Fachleute heran?
Selbstverständlich nicht. Der Markt ist sehr fragmentiert und extrem kompetitiv. An den Hochschulen gab es die nötigen Lehrgänge lange gar nicht. Heute helfen der Master und Bachelor, diese Fachleute auszubilden. Aber gleichzeitig wächst auch der Markt. Darum sind wir noch in Rückstand. Wir versuchen durch interessante Mandate Fachleute für uns zu gewinnen, jedes Mandat ist auch eine Rekrutierung. Die Ausbildung eigener Leute ist ebenfalls sehr wichtig, wir haben über 100 Lehrlinge und investieren in Weiterbildungen. Als ehemalige Sulzer-Gesellschaft ist das bei uns eine alte Tradition.

Welche sind die grössten Herausforderungen in der Zukunft?
Der Kostendruck bleibt, die Gesamtwirtschaft wird sich nicht so schnell verbessern. Die Kundenerwartungen werden weiter steigen. Hinzu kommen natürlich Themen der Digitalisierung: Mobile Computing für die Techniker, BIM, Roboter in der Reinigung, der Einsatz von Drohnen oder auch Fernwartungen. Ich gehe davon aus, dass wir Anlagen künftig vermehrt remote betreuen und analysieren werden. Dass wir nicht mehr nach einem Wartungsplan arbeiten, sondern vieles aus der Ferne und vorausschauend warten. Wir versuchen Daten, die wir als Betreiber haben, für Optimierungen zu nutzen. Das betrifft nicht nur das Energiemanagement, sondern auch die Transparenz über eine Immobilie, ihren Zustand, die Renovationsbudgets und vieles mehr. Da muss man als Provider dabei sein, sonst ist man irgendwann weg vom Markt.

Das sind einige Herausforderungen.
Ja, aber das ist doch immer spannend, insbesondere in einem dynamischen Markt. Diese Entwicklung machen die Gesamtwirtschaft und die Gesellschaft, gegen die Digitalisierung kann man sich nicht wehren. Sie ist eine Herausforderung für alle, von der wir aber auch alle profitieren können. Wenn BIM kommt, hat das FM enorm viel davon. Noch heute machen wir viel zu oft Ist-Aufnahmen von Anlagen, die alle schon geplant, gebaut und abgenommen sind. Ein nächster Provider würde das wieder tun. Das kann es nicht sein.

In Kürze: was muss der Facility Manager von heute ganz besonders beachten?
Man muss integral denken und nicht nur einen Vertrag abarbeiten. Wenn das FM das schafft, werden wir für Immobilienbesitzer unentbehrlich sein, weil er es selber nicht so gut kann. Es geht hier nicht um mehr Umsatz, sondern um Kundenbetreuung und Kundenbindung. Und man muss den Kunden verstehen, wie sein Gebäude funktioniert, sein Geschäft, seine Strategie, seine Kultur. Dieses Gesamtverständnis ist die Kunst des Facility Managers.

Veröffentlicht in der Fachzeitschrift “fmpro service” (September 2016).

Bild: Stefan Kühnis