Rund um das Energiemanagement von und in Gebäuden gibt es eine Vielzahl von Beteiligten. Alle ziehen am gleichen Strick, haben aber dennoch jeweils andere Blickwinkel auf das Thema.

Wincasa bietet als Immobilien-Dienstleister alle Services über den gesamten Lebenszyklus einer Immobilie: Von der Planung über den Bau und die Bewirtschaftung bis hin zur Revitalisierung und den Verkauf – und zwar über alle Nutzungsarten, von Wohnen über Büro bis zu Retail. Das Kundensegment besteht aus grossen, institutionellen Anlegern und Firmenkunden. Das hat Auswirkungen auf die Bedürfnisse, Absichten, Ansätze und Interessen der Kunden rund um das Energiemanagement. «Wir arbeiten im Auftrag des Eigentümers auf der Stufe des Property Managements als Verbindung zum Nutzer und Betreiber. In diesem Rahmen betreuen wir verschiedene Energiecontrolling- und Betriebsoptimierungsprojekte über 1‘300 Liegenschaften mit CO2-Einsparzielen von rund 16‘000 Tonnen», sagt Martin Pfenninger, Leiter Projektmanagement & Nachhaltigkeit bei Wincasa AG. «Unsere Auftraggeber sind insbesondere im Real Estate Investment Management tätig und Wincasa übernimmt im Rahmen der Betreuungsmandate die Aufgaben im Property Management und dem steuernden Facility Management. Das Energiemanagement im engeren Sinne, also das Energiecontrolling und die Optimierung auf dem einzelnen Objekt, liegt beim operativen Facility Management Provider der jeweiligen Liegenschaft.»

Transparenz schaffen

Diese Ausgangslage und Konstellation sind zentral, wenn Martin Pfenninger über seine Sicht auf das Energiemanagement spricht. «Energie ist für unsere Kunden ein grosses Thema im Bereich Nachhaltigkeit. Es gibt hier sehr viele Berührungspunkte», sagt er. «Als Immobilien-Dienstleister ist man diesen Fragen natürlich gleichermassen ausgesetzt wie als Eigentümer der Immobilie. Neben der Nachhaltigkeit bilden die zu erzielenden Kosteneinsparungen einen Treiber für das Thema – auch für die Mieter und Nutzer. Bei ihnen kommen aber auch die Aspekte des Komforts hinzu.» Energiemanagement ist ein ideales Werkzeug, um Transparenz im Immobilienportfolio zu schaffen, sagt er, «und zwar auf fast allen Stufen: Vom einzelnen Energiezähler über alle Zähler in einem Gebäude, von einzelnen Gebäuden in einer Liegenschaft über mehrere Liegenschaften in einem Portfolio, bis hin zu gesamten Portfolien, die unsere Auftraggeber betreuen – auf jeder Stufe lassen sich die gleichen Energiekennzahlen bilden und machen das Thema Energie im Immobilienbestand transparent. Damit eröffnet sich die Möglichkeit, einzelne Gebäude im betreuten Portfolio anhand ihrer Energiekennzahl zu vergleichen und Einsparungen auszuweisen. Diese Transparenz gibt dem Thema Auftrieb und macht es gegenüber anderen Themen im Bereich Nachhaltigkeit greifbar.»

Breite Themenpalette

Energiemanagement erhalte laufend mehr Beachtung, sagt Pfenninger, gehe es nun um Energiecontrolling, Betriebsoptimierung, Energiebeschaffung, Strommarktliberalisierung, Energieträgersubstitution, Energie-Pooling, Eigenverbrauchsgemeinschaften bei Photovoltaikanlagen, Digitalisierung oder die Erfüllung regulatorischer Rahmenbedingungen (z.B. Grossverbraucherartikel), und dies jeweils im Kontext der zahlreichen kantonalen und regionalen Eigenheiten. «Es ist erstaunlich, wie viele Themen sich auftun, wenn man an das Energiemanagement in Gebäuden denkt», sagt Pfenninger. Ausserdem habe das Energiemanagement viele Verknüpfungen und Schnittstellen mit weiteren Bereichen, beispielsweise mit der verbrauchsabhängigen Nebenkostenabrechnung.

Kommunizieren, vergleichen und zertifizieren

Für alle grossen Kunden sei die Nachhaltigkeitsberichterstattung und Kommunikation heute wichtig. Hier fliesse auch das Energiemanagement ein. «Ganz speziell im Gebäudebereich ist die Energie ein sehr verständliches Beispiel für die ökologische Nachhaltigkeit», sagt Pfenninger. Auch das Benchmarking sei für die Kunden wichtig, insbesondere um innerhalb des Portfolios Handlungsfelder und Potenziale zu erkennen. Ausserdem könne man die eigenen Energiekennzahlen leicht mit Baustandards und externen, teilweise globalen, Benchmarks vergleichen. Noch etwas seltener, aber auch immer häufiger, seien Zertifizierungen wichtig, je länger desto mehr auch für Bestandsbauten und den Betrieb. «Früher oder später wird neben der Neubauzertifizierung die Bestands- und Betriebszertifizierung relevanter, ganz besonders für uns, da wir mehrheitlich in der Nutzungsphase von Bestandsbauten tätig sind», sagt Pfenninger.

Unterschiedliche Bedürfnisse und Strategien

In der Praxis gingen die einzelnen Kunden sehr unterschiedlich mit dem Thema Energiemanagement um. «Da wir mit grossen institutionellen Anlegern arbeiten, ist es mittlerweile für fast alle ein Thema», sagt Pfenninger. «Heute wird häufig noch eine separate Projektorganisation aufgebaut, die im Rahmen von Energiecontrolling und Betriebsoptimierungsprojekten Transparenz hinsichtlich Energieverbrauch schaffen und vorhandene Potenziale zur systematischen Reduktion von Energieverbrauch und CO2-Emissionen mittels Betriebsoptimierung nutzen. Doch ob man das mit manuellen Ablesungen der Energiezähler mithilfe einer Excel-Datei machen will oder mit einer automatischen Datenübermittlung, mit Echtzeit-Daten über das ganze Portfolio und mit entsprechend ausgerüsteten Gebäuden in eine professionelle Energiemanagement-Software, da gibt es viele verschiedene Strategien.»

Bei grossen Immobilien-Eigentümern und Konzernen gäbe es teilweise auch klare Vorgaben hinsichtlich Nachhaltigkeit. Sobald im Rahmen der Nachhaltigkeitsstrategie oder der Berichterstattung über das Thema Energie- und CO2-Emissionen im gehaltenen Immobilienbestand berichtet werden will, müssen die Zählerdaten der einzelnen Energiezähler in den Objekten einbezogen werden. «Man muss die Verbrauchsdaten der einzelnen Zähler haben, um auf Portfolioebene überhaupt eine Aussage zum Energieverbrauch und zum CO2-Ausstoss machen zu können», sagt Pfenninger. «Das macht es unheimlich interessant und vielschichtig.» Auf Mieterseite seien die Interessen und Bedürfnisse noch sehr individuell, aber auch hier komme es immer mehr vor, dass sich potenzielle Mieter nach dem Energieverbrauch sowie der damit verbundenen Kosten oder im Einzelfall auch hinsichtlich vorhandener Nachhaltigkeitszertifikate erkundigen.

Fachspezialisten sind gefragt

Doch noch immer liege viel Potenzial brach, sagt Pfenninger: «Neben Standards braucht es die Sensibilisierung und Weiterbildung der Beteiligten auf den verschiedenen Stufen im Immobilienmanagement. In den letzten 20 Jahren war die Entwicklung enorm, die Komplexität im Gebäudebetrieb, die stetig steigende Technisierung der Gebäude und die regulatorischen Rahmenbedingungen, das alles hat sich massiv verändert und wird sich auch weiter verändern. Es braucht Fachkräfte, die in der Lage sind, diese technisch anspruchsvollen Systeme zu managen, aufeinander abzustimmen und effizient zu betreiben. So komplexe Anlagen neu zu übernehmen, sich einzuarbeiten in diese eigenen kleinen Ökosysteme, und dabei die individuellen Bedürfnisse der Nutzer nach Komfort und den Ansprüchen an einen effizienten Betrieb zu berücksichtigen, das sind grosse Herausforderungen. Es gibt laufend mehr Spezialisierung, Segmentierung, Professionalisierung und unendlich viele Schnittstellen, die man im Griff haben muss.»

Fazit

Wenn man Energieeffizienz erreichen wolle, müsse man das auf jede Stufe transportieren können, sagt Pfenninger. Es brauche eine Durchgängigkeit in der Immobilienorganisation von ganz oben bis ganz unten. «Energiemanagement soll nicht nur ein Titel in einem Vertrag sein – man muss es leben, legitimieren und steuern können», sagt er. Es gelte, sich in das Gegenüber zu versetzen und zu erkennen, was dessen Aufgabe und Bedürfnis ist. «Der Mitarbeitende, der den einzelnen Energiezähler abliest, taucht letztlich im Nachhaltigkeitsbericht eines internationalen Konzerns auf. Das braucht ein Verständnis für die Sache, und zwar auf jeder Stufe. Dieses Verständnis kann Horizonte öffnen. Der Druck ist schliesslich auf allen Ebenen hoch, wir sind jedoch noch nicht alle gleich ausgerichtet. Man muss auf jeder Stufe transparenter kommunizieren, seine Absichten formulieren und Verständnis schaffen.»

Veröffentlicht in der Fachzeitschrift “fmpro service” (August 2017).

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