Die Lernenden der RUAG Schweiz AG sollen nicht nur besonders gut, sondern auch immer sicher arbeiten können. Das funktioniert: es gibt nur wenige Unfälle, dafür umso mehr Edelmetall an den SwissSkills und WorldSkills.
Er ist einer von rund 350 Lernenden der RUAG Schweiz AG, die sich an 15 Standorten und in 15 verschiedenen Berufen ausbilden. Kurz vor Weihnachten klemmte er sich einen Finger ein. Marcel Hammer, im zweiten Bildungsjahr zum Anlage- und Apparatebauer EFZ, fiel mehrere Tage aus. «Ich war schlicht unaufmerksam», erinnert er sich.
Die Kultur im Unternehmen
Das sei ein typisches Szenario, sagt Adrian Heer, Leiter Berufliche Bildung des Unternehmens. «In den ersten beiden Bildungsjahren geschehen sehr wenige Unfälle, die Lernenden werden laufend betreut.» Doch dann kehre langsam eine gewisse Routine ein, die Unaufmerksamkeit mit sich ziehen könne. Auch komme es dann häufiger vor, dass die Lernenden von anderen Mitarbeitenden zu Tätigkeiten hinzugezogen werden, für die sie noch nicht ausgebildet wurden. «Der Stopp-Ausweis, den alle Lernenden erhalten, ist deshalb ganz wichtig», sagt Heer. «Sie dürfen und sollen ihn zücken können, wenn sie eine Arbeit nicht sicher erledigen können.»
Viele Unfälle geschehen zwar nicht, auch keine schweren. «Ich musste noch nie einen Lernenden im Spital besuchen», sagt Heer und klopft auf den Holztisch. Passiert dann doch einmal etwas, versucht er diese Fälle sofort aufzurollen und zu besprechen. «Wir haben eine ausgeprägte Sicherheitskultur und pflegen ein gutes Verhältnis untereinander. Wir können über alles sprechen.»
Sichere Lehrzeit
Der Stopp-Ausweis ist ein Element der Kampagne Sichere Lehrzeit der Suva. Sie bietet verschiedene Hilfsmittel, die Betriebe einsetzen können: Leitfäden, Arbeitshefte, Plakate und vieles mehr. «Diese Unterlagen vereinfachen uns das Leben», sagt Heer. «Wir kümmerten uns natürlich schon vorher um die Arbeitssicherheit unserer Lernenden, doch nun können wir das systematisch machen. Der Aufwand wird dadurch nicht grösser, ganz im Gegenteil.»
Aus diesen systematischen Überlegungen entstanden auch die sogenannten Social Days, die jeweils in den ersten beiden Monaten der Ausbildung stattfinden. Während zwei erlebnisreichen Tagen erfahren die Lernenden dort mehr zu Verhaltensregeln und den Umgang miteinander, erhalten ein Knigge-Training und besprechen Fragen zu unterschiedlichsten Themen wie Compliance, Facebook – und natürlich auch zur Arbeitssicherheit. «Wir möchten ihnen zeigen, dass es neben den Werkzeugen und Maschinen noch viel mehr braucht, um einen guten Job zu machen», sagt Heer. Einem Betrieb, der die Kampagne Sichere Lehrzeit ebenfalls umsetzen möchte, empfiehlt er vor allem eines: «Baut man diese Themen in ein Gruppenerlebnis ein, bleiben sie besser haften. Die Verknüpfung zwischen Inhalt und Erlebnis bringt viel mehr als eine Schulung in einem Gruppenraum.»
Leidenschaft, Herzblut und Identifikation
Dieser Erlebnisfaktor trägt der RUAG Schweiz AG und ihren Lernenden auch in einem anderen Punkt viel Erfolg ein. «Wir waren nun vier Mal in Folge an den WorldSkills», sagt Heer, «und stellten an den letzten SwissSkills zwölf Kandidaten und holten fünf Medaillen. Für diese Erfolge braucht es Erlebnisse. Als wir das Team für die Qualifikation zu den SwissSkills 2016 zusammenstellten, machten wir dies im Stade de Suisse in Bern. Wir schossen ein Teamfoto auf dem Spielfeld, luden YB-Sportchef Fredy Bickel als Gastreferenten und schenkten den Kandidaten eine spezielle Bekleidung, die sie als Kandidaten erkennbar macht. So entfachen wir Leidenschaft, Herzblut und Identifikation.» Richtig trainiert wird erst später, wenn die Qualifikation geschafft ist. «Dann wollen wir Medaillen und investieren dafür rund 80 Trainingsstunden pro Teilnehmer», sagt Heer.
Bei den nächsten WorldSkills in Abu Dhabi im Oktober 2017 wird es erstmals einen Wettkampf für Anlage- und Apparatebauer geben. Heer möchte unbedingt einen Kandidaten schicken können. Marcel Hammer ist dann noch zu jung, um dabei zu sein. Aber er könnte zwei Jahre später, in Russland, ein vielversprechender Kandidat sein.
Veröffentlicht in der Zeitschrift „Magazin SwissSkills“ (April 2016).
Bild: Erwin von Moos
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