CBRE übernahm Ende 2015 den Bereich Global WorkPlace Solutions von Johnson Controls. Jochen Scraback zog ebenfalls ins neue Unternehmen um.

Johnson Controls ist ein weltweit operierender Mischkonzern mit verschiedenen Geschäftsbereichen. Im September 2015 wurde der Geschäftsbereich Global WorkPlace Solutions (GWS) von CBRE übernommen, dem weltweit grössten Dienstleistungsunternehmen auf dem gewerblichen Immobiliensektor. GWS fusionierte mit der Business Line Occupier Outsourcing von CBRE und das neu zusammengefügte Geschäftsfeld trägt den Namen Global Workplace Solutions. Jochen Scraback, Divisional EFM Leader CEE-South der CBRE GWS GmbH, zog damit ebenfalls von Johnson Controls zu CBRE um.

CBRE ist in der Schweiz noch vielen unbekannt. Können Sie uns kurz erklären, wer CBRE eigentlich ist?
CBRE ist der weltweit grösste integrierte Immobiliendienstleister auf dem gewerblichen Immobiliensektor. Wir sind in über 70 Ländern vertreten, mit über 400 Büros und mit über 70’000 Mitarbeitenden. Das Dienstleistungsportfolio beruht auf fünf Säulen: Advisory & Transaction Services, Development & Investment, strategisches Consulting, Projektmanagement und Enterprise Facilities Management, in dem ich tätig bin. Ob Büro, Labor, Produktion, Datencenter, egal um welche Immobilie es geht, wir bieten den kompletten Kreislauf. Mit Ausnahme des Enterprise Facilities Management ist CBRE auch in der Schweiz schon lange stark vertreten.

Weshalb kaufte CBRE den Geschäftsbereich GWS von Johnson Controls?
In den USA beispielsweise war das Unternehmen CBRE auch in Sachen Enterprise Facility Management bereits stark, in vielen Ländern Europas und auch in der Schweiz war es primär im klassischen Real Estate zu Hause. Durch die Akquisition von Johnson Controls hat man die Säule Enterprise Facilities Management nun fast verdoppelt und global verstärkt. Johnson Controls kommt aus dem technischen Bereich, es ist eine Ingenieurfirma. Rund um das FM war das Unternehmen deshalb auch sehr stark in den technischen Dienstleistungen und in Sachen Eigenfertigung im technischen FM unterwegs. Diese Kompetenz konnten wir in CBRE einbringen. Da beide Firmen ähnliche Kulturen pflegten, gab es nur sehr wenige Restrukturierungen. Wir schlossen einfach einen Kreis und können nun allen Kunden alle unsere Dienstleistungen global anbieten.

Weshalb verkaufte Johnson Controls den Geschäftsbereich?
Das Portfolio von Johnson Controls basiert auf Produkten. Der Geschäftsbereich GWS bestand jedoch aus reinen Dienstleistungen. Man wollte sich auf das Produzieren von Produkten konzentrieren und bot GWS deshalb zum Verkauf an. CBRE war die beste Wahl unter den Interessenten. Solch ein Verkauf ist ein heikles Thema. Es gab viele Verträge, die den Kunden bei einem Eigentümerwechsel eine Ausstiegsmöglichkeit boten. Doch kein einziger Kunde hat davon Gebrauch gemacht. Die Fluktuation unter den Mitarbeitenden stieg ebenfalls nicht an. Alle haben diesen Verkauf sehr wohlwollend aufgenommen und sehen ihn als Stärkung. Wir sind nun für die Zukunft optimal aufgestellt.

Gibt es weitere Kooperationen von CBRE und Johnson Controls?
Bestandteil des Verkaufsvertrages und der Kooperation sind drei Punkte. Im Rahmen eines Zehnjahresvertrages erbringen wir die FM-Dienstleistungen für die Immobilienportfolios von Johnson Controls. Zudem ist das FM ein idealer Vertriebskanal für einen technischen Produktehersteller wie Johnson Controls. CBRE hat Johnson Controls deshalb ins Partnernetzwerk aufgenommen. Der dritte Punkt: wir investieren in ein gemeinsames Innovationslabor. Das ist sowohl für einen Produkteentwickler als auch für einen Dienstleister sehr interessant.

Die Technologien entwickeln sich immer schneller. Welche Trends verfolgen Sie besonders?
Man muss nicht nur mit den Entwicklungen mithalten, man muss auch erkennen, welche Entwicklungen in unserem Geschäft einen tatsächlichen Mehrwert bieten. Natürlich gibt es die Megatrends Big Data, Internet of Things oder Industrie 4.0, an denen auch wir dranbleiben. Die Frage ist aber, was man wo und wie nutzen kann, für Dienstleistungen oder für Tools. Mit Drohnen kann man Flachdächer besser kontrollieren, das ist eine sinnvolle Anwendung. Auch rund um die vielfältigen Sicherheitsdienstleistungen eröffnen sich viele Möglichkeiten. Wir müssen diese Technologien schliesslich so nutzen können, dass der Endnutzer sich wohlfühlt. Was die Kunden ausserdem von uns erwarten ist der effiziente Umgang mit den ganzen Daten eines Gebäudes. Rund um Belegungsdaten oder rund um technische Anlagen bieten sich eine Menge Möglichkeiten. Wenn wir beispielsweise Betriebsdaten über Motoren, Pumpen oder Ventile erhalten, können wir die Wartung optimieren und Kosten für Reparaturen und Ausfälle senken, Energie einsparen und nachhaltige Verbesserungen für unsere Kunden erreichen. Diese Entwicklung bringt für das FM viele und grosse Vorteile. Schlussendlich muss in jedem Einzelfall geprüft werden, welche Methoden am besten geeignet sind, um die individuellen Bedürfnisse jedes einzelnen Kunden optimal zu befriedigen.

Wo stehen wir denn heute in dieser Entwicklung und weshalb wird vieles, das möglich ist, noch nicht gemacht?
Nehmen wir das Beispiel Smart Home. Für wenig Geld kann man sein Haus heute schon intelligenter machen. Aber man scheut den Aufwand, viele haben auch Sicherheitsbedenken. Wenn man sich diese Gedanken schon im privaten Bereich macht, macht man sie sich auch in der Industrie. Aber es steckt ein echter Business Case dahinter. Wer erkennt, dass mit solchen Ansätzen massiv Energie- und Instandhaltungskosten gesenkt und Ausfallzeiten reduziert werden können, wird auch bereit sein, verstärkt in diese Ansätze zu investieren. Besonders in industriellen Branchen mit hohem Prouktionsanteil, wo der Kostendruck grösser ist, ist auch das Interesse daran bereits heute gross.

Andere Branchen sind da noch nicht so weit?
Wir haben Kunden aus der Finanzbranche, wo wir Büroimmobilien managen. Wir haben solche aus der Technologiebranche, wo wir Data Center managen. Wir haben Kunden aus dem Produktionsbereich, wo wir Anlagen unterhalten. Das sind jeweils ganz andere Anforderungen. Wir müssen stets nach links und rechts zu schauen, was die Entwicklungen in diesen Branchen sind. Alle sprechen sie verschiedene Sprachen und haben unterschiedliche Probleme, die wir verstehen müssen und in die wir Mehrwerte einbringen müssen. Das ist aber auch das Schöne an FM und macht es sehr spannend.

Was erwarten die Kunden im Jahr 2016 konkret von Anbietern wie Ihnen?
Die Erwartungen sind derzeit stark kostenbezogen. Wir sollen ihnen helfen, Kosten nachhaltig zu senken. Je länger wir mit einem Kunden zusammenarbeiten können, desto mehr Mehrwerte können wir bieten. Ein FM-Outsourcing zielt immer darauf ab, sich auf das Kerngeschäft konzentrieren zu können sowie Kosteneinsparungen, Qualitätsverbesserungen und eine Professionalisierung zu erreichen. Das alles lässt sich vor allem in den ersten beiden Vertragsgenerationen realisieren. Sie fokussieren auf die direkten Kosten. Aber auch in der dritten und vierten Vertragsgeneration lässt sich noch sehr viel verbessern. Dann kommen die indirekten Kosten vermehrt ins Blickfeld. Zum Beispiel die nachhaltige Senkung der Energiekosten oder die Reduktion der Produktionsausfälle. Solche Verbesserungen sparen massiv mehr Geld ein, als es ein Rabatt auf eine bestimmte Dienstleistung tut. Wenn wir mehrere Vertragsgenerationen betreuen, können wir solche nachhaltigen Mehrwerte generieren, Innovationen und Ideen einbringen, Transparenz und Klarheit schaffen und gute Kennzahlen liefern. All diese Dinge sind für unsere Kunden sehr wichtig. Ein weiterer Erfolgsfaktor ist ein gutes und stabiles Governance-Modell über verschiedene Ebenen. Der Kunde braucht Transparenz, muss wissen, was er bekommt und muss seine Zahlen kennen. Er muss sich auf uns verlassen können, aber wir uns auch auf ihn. So entsteht eine wirklich starke Partnerschaft und so schafft man es, Verträge in die vierte und fünfte Generation zu überführen.

Wie beurteilen sie die Schweizer FM-Branche im internationalen Vergleich?
Ich denke, wir sind sehr stark darin, Kosteneinsparungen zu erzielen. Durch den Frankendruck und durch die allgemein hohen Kosten in der Schweiz sind wir das gewohnt. Ausserdem erbringen wir die Dienstleistungen in sehr hoher Qualität und meiner Meinung nach auch mit viel Innovation. Die globale Betrachtungsweise empfinde ich jedoch als noch nicht sehr ausgeprägt. In grossen Konzernen installiert man heute globale FM- und Real-Estate-Abteilungen, die dann einen globalen Anbieter wählen. Das ist in den USA und in UK besonders ausgeprägt, wird sich aber auch in der Schweiz weiter verstärken.

Welche sind die grossen Herausforderungen der Zukunft?
Wir brauchen gute Fachleute in verschiedenen Berufen, auch im technischen Bereich und in der Eigenfertigung. Wir bilden Lehrlinge aus, in der Kältetechnik, in der Automation oder in der Mechanik. Das sind die Techniker der Zukunft. Gute Leute zu haben, die gute Leistungen erbringen können, wird immer mehr zum strategischen Erfolgsfaktor. Rekrutieren Sie heute einmal einen Kältetechniker. Das ist jetzt schon schwierig und ich denke, das gilt für die ganze Branche mit ihren unterschiedlichen Berufsbildern. Auch deshalb müssen die Berufe im FM attraktiv sein. Da haben wir viel zu tun und hier ist auch ein Verband wie fmpro mit seinen Bildungsangeboten gefordert. Wir brauchen eine Menge guter Fachkräfte am Markt. Argumente gibt es genügend: Die Branche wächst und ist sehr vielfältig. Am Morgen geht es um das Thema Rezeption, am Mittag um die Redundanz im Data Center und am Abend um das Reporting der letzten Finanzzahlen. Diese Breite ist anspruchsvoll, macht die Branche aber auch sehr interessant. Und am Ende geht es im FM immer um Menschen.

Veröffentlicht in der Fachzeitschrift „fmpro service“ (Juli 2016).

Bild: Stefan Kühnis