Ende März 2019 wurde Karin Schaad von der Generalversammlung zur neuen Präsidentin von fmpro gewählt. Rund 100 Tage danach trafen wir sie zum Gespräch.

Karin Schaad trat die Nachfolge von Susanne Baumann an, die Ende März als Präsidentin von fmpro zurücktrat. Zuvor wurde Karin Schaad als Vize-Präsidentin ein Jahr lang in die Präsidiums-Arbeit eingebunden und gut darauf vorbereitet, was sie erwarten wird.

Was hat Sie dazu bewogen, das Präsidium von fmpro zu übernehmen?

Ich war schon immer sehr engagiert, in verschiedener Hinsicht. Das begann bereits in meiner Jugend, in welcher ich Musik machte, Turniere tanzte und Führerin in einem Jung-Ornithologen-Verein war. Der Einsatz für Vereine begleitet mich durch das Leben, sei dies im Vorstand des Tanzclubs oder im Ortsverein der Gemeinde. Und ich war auch bei EuroFM im Vorstand. Es ist ein Teil von mir, mich einbringen zu wollen. Bei fmpro ist es mein Ziel, mich für den Beruf der Facility und Maintenance Manager zu engagieren und diejenigen zu fördern, die nun nachkommen. Das gibt mir selbst sehr viel zurück.

Welchen FM-Rucksack nehmen Sie mit in dieses Amt?

Ich bin mit Herzblut Facility Managerin und habe im Prinzip eine doppelte FM-Ausbildung. Als ich den Einstieg ins Berufsleben suchte, empfahl mir die Berufsberatung aufgrund meiner Sprachaffinität in Richtung Übersetzungen und Dolmetschen zu gehen. Die zweite Empfehlung ging Richtung Hauswirtschaft. In der Folge absolvierte ich eine Schnupperlehre am heutigen Kantonsspital Baselland und merkte: das ist mein Weg. Ich lernte hauswirtschaftliche Betriebsleiterin an der HHF. Ich konnte aus dieser Zeit sehr viel mitnehmen, auch für mich als Privatperson. Nach zehn Jahren als Abteilungsleiterin am UniversitätsSpital Zürich (USZ) gründeten wir eine Familie, was mich eine Zeit lang voll beschäftigte. Der Wiedereinstieg in die Berufswelt führte mich in einem Teilzeitpensum von 60 Prozent in die Administration des Institut für Facility Management der ZHAW. Dort sprach mich eine Dozentin an, ob ich nicht den Master (MSC) machen wolle. Dies sei ein guter Weg, all das aufholen, was sich in den zehn Jahren Familienphase im Beruf verändert hatte. Im Jahr 2014 schloss ich das Studium ab. Ich profitierte mehr davon, als ich anfangs erwartet hätte. Im Anschluss wollte ich aber nicht wieder ins klassische FM zurückkehren, sondern übernahm eine Aufgabe im Verkauf bei einem Provider. Als dann viereinhalb Jahre später eine Stelle am USZ ausgeschrieben wurde, entsprach diese genau mein Profil. Ich bewarb mich und erhielt die Stelle. Seit Anfang Jahr bin ich nun hier am USZ als Bereichsleitung Facility Services tätig.

Sie haben den Master gemacht – braucht es die Akademisierung im FM?

Diese braucht es, um auf das C-Level zu kommen und mit den Menschen, die Entscheidungen fällen, auf Augenhöhe und in der gleichen Sprache zu sprechen. Das habe ich selbst aus dem Master mitgenommen. Die Fähigkeit, Finanzzahlen zu analysieren und in Zahlen zu argumentieren, worum es geht, hilft viel. Aber natürlich braucht es in diesem Beruf auch die Bodenhaftung.

Im Januar begannen Sie als Bereichsleitung Facility Services am USZ, Ende März als Präsidentin von fmpro. Das sind zwei neue grosse Aufgaben in kurzer Zeit!

Bei fmpro konnte ich abschätzen, was auf mich zukommt. Durch meinen Eintritt in den Vorstand 2017 konnte ich mich in diesem Gremium gut integrieren und auch die Zusammenarbeit mit dem Geschäftsstelle entwickeln. Als Susanne Baumann ihren Rücktritt ankündigte, stellte ich mich zur Verfügung, unter der Bedingung, dass der ganze Vorstand diese Wahl unterstützt. So wurde ich darum bereits 2018 zur Vize-Präsidentin vorgeschlagen, um mich auf die Nachfolge von Susanne Baumann vorzubereiten. Ein entscheidender Punkt war für mich, dass wir auf eine gut funktionierende Geschäftsstelle zählen können und die Strukturen stabil sind. fmpro ist heute gut aufgestellt und zukunftsgerichtet. Man findet für solche Vorstandsmandate immer nur Menschen, die ohnehin engagiert und motiviert sind und darum meist im Beruf auch eine hohe Auslastung haben. Ohne professionelles Verbandsumfeld sind solche Mandate darum schwer zu bewältigen.

«Es ist ein Teil von mir, mich einbringen zu wollen.»

Auch wenn Sie nicht bei Null anfangen müssen, haben Sie bestimmt Pläne und Visionen, wohin Sie mit fmpro möchten?

Ein grosses Schlagwort ist natürlich die Digitalisierung – einerseits im Berufsfeld an sich, andererseits aber auch die Digitalisierung der Mitglieder und der Medienarbeit. Wir müssen neue Wege finden, um die Menschen anzusprechen. Wir müssen weg vom ursprünglichen Verein. Die berufliche und private Auslastung der FM-Fachleute ist so hoch, dass ursprüngliche Formen des Austausches wie beispielsweise ein Stammtisch an Bedeutung verlieren. Deshalb wollen wir uns mehr an Produkten orientieren. Das hat der Vorstand schon vor einiger Zeit erkannt und eingeleitet und da stehe ich voll dahinter. Wir müssen Produkte anbieten, welche Bedürfnisse der Mitglieder und Interessierten abdecken und deshalb aktiv genutzt werden. Natürlich ist auch Networking ein solches Produkt, denn die Vernetzung und der Erfahrungsaustausch mit Berufskolleginnen und -kollegen hilft bei der Lösung eigener Problemstellungen aber auch bei der Entwicklung der eigenen Karriere.

Ist die Digitalisierung aus Ihrer Sicht denn eher ersetzend oder begleitend?

Ich würde sagen sie ist begleitend. Digitalisierung ist aus meiner Sicht schwer fassbar, man spricht schon lange davon und alle meinen, sie seien dabei. Aber Digitalisierung geht durchs ganze Band. Es wird neue Muster geben, neue Skills. Auch die Basismitarbeitenden am USZ müssen heute beispielsweise mit dem iPhone arbeiten können. Wenn man dann einen Roboter für gewisse Tätigkeiten hat, heisst das nicht, dass man die Mitarbeitenden nicht mehr braucht, sondern dass sie anders eingesetzt werden. Die schweren und repetitiven Arbeiten, bei uns im Spital zum Beispiel die Reinigung der langen Korridore und grossen Eingänge, kann heute mit Maschinen erfolgen. Wir haben viele Mitarbeitende mit Rückenproblemen, welche froh sind, wenn solche Arbeiten wegfallen und durch interessantere ersetzt werden. Aber Roboter werden auch nicht alles können. Ich habe keine Angst davor, dass wir uns selbst wegrationalisieren. Die künstliche Intelligenz ist zwar schneller im Denken, aber ob sie das richtige denkt, in unserem Sinn, das ist fraglich. Kurz: die Digitalisierung kommt, wird aber komplementär sein. Sie wird uns die Arbeit erleichtern.

Welche weiteren Aufgaben gibt es für die Präsidentin von fmpro?

Ich profitiere von der hervorragenden Vorarbeit von Susanne Baumann. Vieles läuft sehr gut und wir sind im Vorstand ein engagiertes Team. Alle bringen sich ein und wir haben schon im 2018 viel auf die Reihe gebracht, das bereits zu greifen beginnt. Trotzdem, langweilig wird es nicht. Wir wollen den Mitgliedern noch mehr aufzeigen, auf welche Aktivitäten wir setzen und welchen Mehrwert wir ihnen bieten können. Was ich persönlich noch verstärkt einbringen kann, ist der internationale Ausblick. Ebenfalls wichtig ist mir die Zusammenarbeit mit dem Institut für FM der ZHAW. Dass man den Forschungsplatz Schweiz im Gesamtkontext hervorheben kann, erscheint mir wichtig. Dabei können wir noch mehr aufzeigen, wie weit wir sind, damit wir die Industrie mehr einbinden können. Die Forschung braucht Themen, um zu forschen. Hier bräuchte es bessere Austauschplattformen. In der kurzen Zeit meines Präsidiums wurde ich bereits mehrmals angefragt, in anderen Gremien mitzuarbeiten. Wir müssen über den Gartenzaun schauen und sehen, was die anderen machen.

Wie beurteilen Sie den Stellenwert und die Wahrnehmung von FM im Allgemeinen?

Wir jammern immer, dass das FM zu wenig wahrgenommen wird. Das ist ein Stück weit wahr, aber wir jammern innerhalb der Branche und gehen nicht hinaus. Also stellt sich die Frage, an wen man gelangen soll. Hier müsste man beispielsweise mehr HR-Verantwortliche ins Boot holen oder Verbände in umliegenden Branchen. Und natürlich auch die Baubranche und die Architekten. Da ist das baubegleitende FM ein wichtiges Thema. Wir müssen die Bauherren darauf aufmerksam machen, dass ihr Gebäude besser wird, wenn das FM früh mitreden kann. Aber ich stelle auch fest, dass die Wahrnehmung besser wird. Letztes Jahr hat ein Architekt an einem Kongress in Wien in seinem Referat gesagt, man solle das FM früh miteinbinden, das seien gute Sparringpartner. Ähnliche Gelegenheiten ergeben sich durch die ganzen Workplace-Thematiken. Hier hat das FM die Möglichkeit, eine aktive Rolle zu spielen und sich als Vermittler und Initiator von Programmen zu präsentieren. Natürlich kommt es dabei auf jeden Facility Manager selber an, sich frühzeitig schlau zu machen, sich «in Szene zu setzen» und zu sagen: ich bin der richtige Ansprechpartner. Wir dürfen durchaus selbstbewusster auftreten. Bei uns ist der Service-Gedanke stark verankert, der ist aber meist reaktiv. Wir sollten viel proaktiver sein.

Was kann fmpro da beitragen?

Wir sind zum Beispiel daran, mit anderen FM-Verbänden einen Stand an der Swissbau zu realisieren, um die Baubranche darauf aufmerksam zu machen, dass FM und Maintenance wichtige Ansprechpartner sind. Auch in den Kursen der fmpro Academy haben wir Angebote zu solchen Themen, das müssen wir noch ausbauen. Und natürlich sind wie immer froh um zündende Ideen, wie wir Effekte erzielen können!

Die Groupe Romandie von fmpro entstand beispielsweise, weil Sie die zündende Idee hatten.

Wenn man ein Problem hat, sollte man darüber sprechen. Häufig hat jemand eine gute Idee. Es gibt heute beispielsweise sogenannte Fuckup-Events. Da berichten Menschen von Projekten, welche schiefgegangen sind, und teilen ihre Erkenntnisse. Daraus können andere lernen. So lassen sich auch Ideen generieren. In der Schweiz ist es noch sehr verbreitet, dass man nicht scheitern darf. Aber das ändert sich. Die Lebenszyklen werden kürzer, die Innovation geht so schnell, dass man zeitweise keine hundertprozentige Sicherheit hat, dass etwas funktioniert. Auch hier am USZ planen wir ohne genau zu wissen, welche neuen technologischen Möglichkeiten sich eröffnen werden. Also müssen wir uns auf die grösstmögliche Flexibilität einstellen, um uns nichts zu verbauen.

Was möchten Sie den Mitgliedern von fmpro zum Schluss des Interviews gerne noch mitgeben?

Ich bin sehr motiviert, als Präsidentin fmpro weiterhin erfolgreich in die Zukunft zu führen und bin froh um jeden, der mitzieht und sich auch engagieren möchte. In diesem Sinne sind wir auch offen für alle Rückmeldungen und Inputs seitens der Mitglieder. Und natürlich möchte ich den Mitgliedern mitgeben, dass wir Maintenance- und Facility Manager selbstbewusster auftreten und Forderungen stellen dürfen. Wir dürfen uns vordrängen und sagen, dass wir gute Ansprechpartner sind: wir sind integrativ, sehen das Ganze und denken nicht im Silo, wir sind sehr gut vernetzt, haben Schnittstellen zu allen Betriebszweigen und sind ideal, um Dinge zu koordinieren.