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Arbeit trotz Handicap – aber nicht dank Handicap. Das ist das Credo der Band-Genossenschaft. Und damit ist sie auch ein spannender Dienstleister in der Instandhaltung.

Gegen aussen ist die Band-Genossenschaft eine ganz normale Firma: der Produktion und der Industrie nahe, Dienstleistungsorientiert und privat organisiert. Sie funktioniert wie jedes andere Unternehmen. Bloss ist der Produktionsfaktor ‘Arbeit’ ein bisschen anders.

Seit 70 Jahren arbeiten hier Menschen mit Leistungseinschränkungen, die in den Arbeitsmarkt integriert werden und ihre Stärken dort konstruktiv einbringen können. Die Genossenschaft verbindet Mensch und Arbeit, sozial, kompetent und marktorientiert. «Es geht hier um Arbeit und weniger um Beschäftigung», sagt Adrian Kurzen, Mitglied der Geschäftsleitung. Die Stärken der Mitarbeitenden sollen am Arbeitsmarkt gewinnbringend eingesetzt werden und einen sozialen und ökonomischen Mehrwert bieten. Dazu braucht es ein Umfeld, das den Fähigkeiten und Bedürfnissen dieser Mitarbeitenden entspricht und sie befähigt, Höchstleistungen abzurufen.

Die Angebote

Was in den drei Gebäuden der Band-Genossenschaft gearbeitet wird, ist so vielfältig wie beeindruckend. Und alles wird sehr zuverlässig, flexibel und nach individuellem Bedarf der Kunden erledigt: aus einer Hand, mit kurzer Beschaffungszeit und hoher Reaktionsgeschwindigkeit, mit viel Qualität, Professionalität und Zuverlässigkeit, aber dennoch zu einem attraktiven Preis-Leistungs-Verhältnis und mit einem sozialen Mehrwert. Auf insgesamt über 15’000 Quadratmetern Fläche wird hier gearbeitet. Jedes Jahr werden fünf Kilometer Formulare und Talons am Computer erfasst, acht Millionen Produkte werden konfektioniert und verpackt, eine halbe Million Produkte fliessen nach einer Wartung und Instandhaltung zurück in den Kreislauf und über 200’000 Baugruppen und Geräte verlassen die Montagehallen. Monatlich werden rund 125’000 elektronische THT-Bauteile von Hand bestückt. «Wir versuchen so viele Berufsbilder wie möglich abzubilden», sagt Adrian Kurzen. «Früher waren wir sehr Maschinen-Industrie-lastig, heute sind wir in den Dienstleistungen und in der Produktion sehr breit und tief aufgestellt und haben unterschiedliche Geschäftsbereiche.»

In der mechanischen Fertigung sind rund 80 Bearbeitungsmaschinen in den Bereichen Fräsen, Drehen, Bohren, Schleifen, Honen, Nieten und Entgraten in Betrieb. In der Elektronikfertigung bestücken die Mitarbeitenden SMD- und THT-Leiterplatten, sie löten, konfektionieren Kabel und Stecker, reparieren, kontrollieren, prüfen und führen Funktionstests durch. In der Montageabteilung werden einfache bis komplexe elektronische und mechanische Baugruppen in unterschiedlichsten Stückzahlen montiert. Zum Leistungsumfang gehören auch Nacharbeiten, Upgrades und Umrüstungen. Dienstleistungen bietet die Band-Genossenschaft beispielsweise für die Food- und Pharmabranche: Lebensmittel, Kosmetika und Pharmaprodukte werden ausgerüstet, konfektioniert oder sekundärverpackt, es gibt eine kontrollierte und gekühlte Hygienezone. Deshalb ist die Genossenschaft neben ‘ISO 9001 / OHSAS 18001’ auch ‘FSSC / ISO 22000’ Lebensmittelsicherheit zertifiziert und hat eine GMP/GDP-Bewilligung für Arzneimittel-Sekundärverpacken und -Grosshandel. Die Mitarbeitenden rüsten aber auch allerhand andere Produkte manuell aus, verpacken sie, beraten und unterstützen und im Büro erfassen sie Daten, digitalisieren Dokumente, wickeln Bestellungen ab, versenden Pakete und Briefe.

Die Abteilung Service & Instandhaltung

Im Bereich Instandhaltung sind die Einsatzgebiete für Mitarbeitende der Band-Genossenschaft breit gefächert: Aufbereiten, reinigen, ersetzen, reparieren, sortieren, trennen, zusammenführen, umpacken, demontieren, auswechseln, entsorgen und viele andere einmalige oder wiederkehrende manuelle Arbeiten kann die Abteilung Service & Instandhaltung übernehmen. Das kann in etwa so ablaufen: das Material wird bei der BAND kontrolliert, sortiert, ergänzt und fertiggestellt. Sollte ein Transport nicht möglich sein, kommt ein Aussenteam vorbei und führt die Arbeiten direkt vor Ort aus. Auch können Garantie- und Serviceprozesse von Kleingeräten inklusive Warenfluss im Hintergrund und im Namen des Kunden abgewickelt werden. Die Ware geht direkt bei der BAND unter einer registrierten Unteradresse ein, wird geprüft, repariert oder ausgetauscht und im Namen des Auftraggebers wieder an den Kunden ausgeliefert. Nur Abweichungen vom Standard und Sonderfälle werden an den Auftraggeber weitergeleitet.

«Wir sind hier aktuell 28 Mitarbeitende», sagt Thomas Luginbühl, Abteilungsleiter Service & Instandhaltung. «Hinzu kommen fünf Betreuungspersonen. Wir erledigen ganz unterschiedliche Aufträge. Manche sind wiederkehrend, manche einmalig. Zu den einmaligen Geschichten gehörte beispielsweise ein Wasserschaden in einem Betrieb. Wir nahmen das beschädigte Material auseinander, sortierten es, konfektionierten es neu und konnten feststellen, wie gross der Netto-Schaden tatsächlich war. Ein anderes Beispiel: Zwischen Konzerten und Fussballspielen im Stade de Suisse in Bern sind wir damit beschäftigt, zusätzliche Sitzplätze anzubringen und wieder zu demontieren. Wiederkehrende Arbeiten können die Wartung von Kaffeemaschinen sein, die Reinigung und Reparatur von Transportwagen für Supermärkte, die Reinigung von Backblechen für Bäckereien oder die Reparatur und das Ersetzen von Kleiderbügeln einer grossen Wäscherei, um nur einige Beispiele zu nennen.» Ausserdem bietet die Abteilung einen Kurierdienst für einen Grossverteiler an: wer in einer der 16 angeschlossenen Filialen in der Region Bern einkauft, kann sich die Ware durch den Kurierdienst der Band-Genossenschaft heimliefern lassen. Sie holt von Montag bis Samstag mehrmals täglich die Ware ab und liefert sie in definierten Zeitfenstern aus.

Die Kunden

Für die Genossenschaft geht es darum, Nischen zu finden, wo es Handarbeiten gibt, die trotz hoher Automatisierung anfallen und jemand erledigen muss. Nischen, die nicht mehr in den Unternehmen selbst angesiedelt sind, aber die immer noch ein Anliegen sind. «Dann entstehen Win-win-Situationen», sagt Kurzen. «Wir können so ein Bedürfnis decken, zu einem fairen Preis. Dazu brauchen wir einerseits eine kritische Grösse, eine möglichst konstante Auslastung und eine gewisse Planbarkeit. Und wir brauchen auch eine Teil-Automatisation: so viel wie nötig von Hand erledigen und trotzdem Mittel einsetzen, damit ein Volumen sowie wettbewerbsfähige Preise erreicht werden können. So können wir ein sinnvolles Angebot kreieren, das nicht nur sozial, sondern auch ökonomisch interessant ist.»

Kunden der Band-Genossenschaft sind auf der einen Seite Behörden und der Arbeitsmarkt, zum Beispiel ist die Invalidenversicherung seit 1960 ein Partner für Eingliederungsmassnahmen. Auf der anderen Seite arbeiten Unternehmen aus Verwaltung und Industrie mit BAND, die dadurch einen verlässlichen Leistungserbringer für Dienstleistungen und Produktion erhalten. Viele sind grosse und renommierte Unternehmen, andere sind Startups, die beispielsweise mit Schokolade, Lebensmittelhanf oder Insekten ein neues Geschäftsmodell aufbauten. «Sie erreichen schnell eine Grössenordnung, wo sie beispielsweise den Versand nicht mehr selber stemmen können und einen Partner suchen, der schon bei kleinen Mengen dabei und sowohl gegen oben wie auch in der Breite der Dienstleistungen offen ist», sagt Kurzen. Mit solchen Unregelmässigkeiten umzugehen ist vor allem für kleine Unternehmen ein Problem und hier kann die Genossenschaft ihre Stärke ausspielen. «In der Produktion arbeiten wir natürlich vor allem für die Schweizer MEM-Industrie», sagt Adrian Kurzen. «Da spüren wir Faktoren wie die Frankenstärke oder andere Thematiken im internationalen Markt sehr gut. Geht der Export zurück, merkt man das. Vor drei Jahren hatten wir auch bei uns Kurzarbeit, die letzten beiden Jahre waren besser.»

Die Mitarbeitenden

Rund 700 Mitarbeitende sind hier tätig, an drei Standorten im Berner Bethlehem-Quartier. Es gibt aktuell 310 geschützte Arbeitsplätze für Menschen mit einer IV-Rente. «Manche erledigen hier eine hochqualifizierte Arbeit, erfahren aber manchmal gesundheitsbedingt Krisensituationen und können deshalb nicht zur Arbeit kommen», sagt Kurzen. «Das kann schwierig sein, vor allem wenn sie eine Schlüsselposition innehalten, man aber nicht weiss, ob sie morgen kommen können. » Zu diesen geschützten Arbeitsplätzen kommen 140 Lernende, 100 Plätze für Klienten in Eingliederungsmassnahmen – die hier zwischen einem und sechs Monaten arbeiten und eine Abklärung, einen Aufbau und ein Training durchlaufen – sowie 150 Betreuungs- und Führungspersonen.

Die Eingliederungsmassnahmen richten sich an Menschen, die sich infolge von Krankheit, Unfall oder Arbeitslosigkeit beruflich neu orientieren müssen oder Unterstützung beim Wiedereinstieg in den angestammten Beruf benötigen. Während diesem gesamten Prozess werden sie intensiv und kompetent begleitet. Das geht von der Abklärung der Eingliederungsfähigkeit über die Berufsberatung und die arbeitsmarktliche und medizinische Abklärung bis hin zur Zeitüberbrückung mit Arbeit und zu Integrationsmassnahmen. «Wir wollen herausfinden, wo die Fähigkeiten und Potenziale liegen und wo es eine Nachfrage im Markt gibt. Dann suchen wir den Weg dorthin», sagt Adrian Kurzen.

Für Lernende gibt es hier Berufsvorbereitung und Berufsbildung. Jugendliche und junge Erwachsene mit einer Leistungs- oder Lernbeeinträchtigung finden hier ein Umfeld, das sie unterstützt und fördert und auf das Berufsleben vorbereitet. Mit Erfolg: 97 Prozent der Lernenden schaffen ihren Lehrabschluss und 66 Prozent finden nach dem Abschluss eine Anschlusslösung im sogenannten ersten Arbeitsmarkt. Die meisten Lernenden machen grundsätzlich die gleiche Ausbildung, die gleiche Berufsschule und die gleiche Abschlussprüfung wie in einem normalen Ausbildungsbetrieb und schliessen mit einem eidgenössischen Abschluss ab.

Sozial, ökonomisch, sinnvoll

«Wir sind nicht Bittsteller», betont Adrian Kurzen. «Wir arbeiten in einem Markt, wo ein Bedürfnis besteht und wo es Sinn macht, was wir tun. Das gibt allen etwas. Wir geben Menschen mit Beeinträchtigungen eine Arbeit, eine Tagesstruktur, einen gesellschaftlichen Platz und einen Sinn. Und wir schauen darauf, dass jeder an unserer Gesellschaft und unserem System teilhaben kann.»