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Eine Referentin sagte einst, dass nach jeder Begegnung eine Geschichte stehe und Servicekultur die Summe dieser Geschichten sei. Der Kunde müsse das Gefühl haben, dass sich jemand um sie kümmert. Am Beispiel der Restclean AG zeigen wir auf, wie das in der Praxis funktioniert.

«Servicekultur ist ein Teil der Unternehmenskultur, sie ist eine Haltung», sagte Sabine Hübner während ihrem Key-Note-Referat am letzten fmpro Symposium Ende März 2019. «Es muss einem Unternehmen ein Anliegen sein, für den Kunden das Richtige zu tun. Besserer Service bedeutet nicht immer mehr Service, sondern den genau richtigen Service.» Diese Haltung verfolgt das Unternehmen Restclean AG, das sich um den Unterhalt von Toiletten kümmert. Wir besuchten Priskus Theiler und Roger Mäder und sprachen mit ihnen über die Servicekultur, die sie tief in ihrer Unternehmenskultur verankert haben.

Sauber und transparent

«Der Unterhalt von Toiletten ist ein spezielles Business», sagt Priskus Theiler, der die Restclean AG gründete. «Für viele Menschen ist das ein Intimbereich und wir arbeiten in diesem ganz privaten Hygienebereich mit unserer Service-Dienstleistung. Das schafft natürlich schon in der Kommunikation einige Schwierigkeiten: Der Mensch redet nicht über das WC. Wir müssen unseren Kunden aber viele Fragen stellen, damit wir erkennen können, welches System sie haben. Nur so können wir mit dem richtigen Material zu ihnen. Wir achten deshalb darauf, dass sie sich vom ersten Telefonat an bei uns sehr gut aufgehoben fühlen. Die Kunden wissen, welcher Servicetechniker bei ihnen vorbeikommt – sie erhalten vorgängig ein SMS oder ein E-Mail mit diesen Angaben und der Servicetechniker stellt sich auch mit seinem Namen vor. Er erscheint in ein sauberes Weiss gekleidet und ist immer mit seinem Namen angeschrieben. Die Wohnung betritt er nur mit Überschuhen. Er deckt alles ab und arbeitet immer sauber – nach unserem Einsatz muss niemand die Toilette, das Lavabo oder den Boden putzen. Darauf legen wir grossen Wert. Wir nehmen die Kunden mit auf den Weg, wenn sie das möchten. Wir zeigen ihnen, wo das Problem liegt und wie wir es lösen werden. Das ist wichtig, damit die Kunden später verstehen, weshalb es uns brauchte. Wir dokumentieren alles und kommunizieren immer transparent und umfassend, was wir entdeckten und was wir machten.»

Gut ausgerüstet vor Ort

Die Restclean AG erledigt keine akuten Reparaturarbeiten, sondern behebt langfristige Mängel, die nicht von heute auf morgen gelöst werden müssen. Die Servicetechniker kennen ihre Termine deshalb einige Wochen im Voraus und werden jeweils für die nächsten drei Wochen mit dem passenden Material ausgerüstet. Sie können dann autonom arbeiten. «Der Servicetechniker hat immer alles dabei», sagt Priskus Theiler. «Wir gehen mit einem Pauschalpreis zum Kunden und er weiss genau, was er für unsere Leistung bezahlen muss. Das Servicefahrzeug ist komplett und komplex ausgestattet. Über 3500 zusätzliche Einzelteile sind darin, für den Fall, dass die Angaben zur Toilette nicht ganz stimmten. So kann der Servicetechniker seinen Auftrag trotzdem ausführen.»

Servicekultur lehren

Neue Mitarbeitende müssen vier Tage zur Probe arbeiten, um das Unternehmen, die Abläufe und die Arbeiten kennenzulernen. «Es ist ein Job, den es sonst nicht gibt», sagt Roger Mäder, Mitinhaber des Unternehmens. «Wir haben eine spezielle Maschine, ein spezielles Thema, das muss man erleben und fühlen können. Neue Mitarbeitende sind dann mit unseren Servicetechnikern unterwegs, die uns natürlich eine Rückmeldung geben, ob die Kandidaten zu uns passen könnten. Wenn es zur Anstellung kommt, sind sie während rund drei Monaten mit verschiedenen Servicetechnikern unterwegs. Sie können so in einem etwas geschützten Rahmen alles kennenlernen, bis sie technisch so weit sind, den Job selber machen zu können.» Sobald sie alleine unterwegs sind, erhalten sie anfangs nur etwa die Hälfte der Aufträge von langjährigen Mitarbeitenden. So können sie ihr Wissen stressfrei festigen und stets auf Details achten. Mit der Zeit wird das Pensum sukzessive gesteigert. «Es dauert ungefähr ein Jahr, bis sie
voll einsatzfähig sind», sagt Mäder. «Diese Zeit investieren wir in neue Mitarbeitende.» Einen grossen Teil der Ausbildungszeit nimmt die Kommunikationsschulung ein. «Wir müssen den Kunden zeigen können, wo das Problem liegt», sagt Roger Mäder. «Die Kunden müssen die Zusammenhänge sehen können, damit sie letztlich auch etwas verblüfft sind und uns ihren Nachbarn und Bekannten weiterempfehlen. Diese Kommunikation ist ein wichtiger Punkt in der Ausbildung.»

Untereinander austauschen

«Man muss in unserem Bereich vieles erst einmal erleben», ergänz Priskus Theiler. «Es gibt in der Schweiz 16 verschiedene Spülkasten-Marken, mit insgesamt ungefähr 100 verschiedenen Spülkästen. Darunter sind natürlich auch exotische Produkte, denen wir vielleicht nur ein Mal im Jahr begegnen. Wir haben auch deshalb ein gutes internes Netzwerk, damit wir uns gegenseitig unterstützen können. Jeder ist auf den einen oder anderen Bereich spezialisiert und wir haben sehr erfahrene Mitarbeitende, die mit fast allen Wassern gewaschen sind.» Alle sechs Wochen kommen alle Mitarbeitenden zu einer Teamsitzung zusammen. Man tauscht sich aus, bespricht Probleme und Spezialfälle. Hinzu kommt ein weiterer Mitarbeiter: der Computer. Die neuen Möglichkeiten nutzt das Unternehmen, wo es nur geht. «Wir haben eine Photo-Cloud und einen Service-Chat, über die wir Wissen und Erfahrungen teilen und weiter aus- und aufbauen. Der Computer vereinfacht uns die Arbeit natürlich auch darüber hinaus: für die Information der Kunden, die Zuordnung von Einzelteilen, für die Routenplanung und für vieles mehr.»

Viel Verständnis für die Sache sollen auch die Mitarbeitenden im Büro aufbringen, damit sie einen Auftrag richtig einschätzen und dem Servicetechniker genug Zeit für eine Aufgabe einplanen können. Sie sollen beurteilen können, ob es für das betroffene Produkt eine Lösung geben könnte, ob es noch Ersatzteile gibt. Um dieses Verständnis zu schulen, begleitet der interne Kundendienst-Mitarbeiter den Servicetechniker eine Woche lang.

Servicekultur als Unterscheidungsmerkmal

Priskus  Theiler hatte die Idee zur Restclean AG im Jahr 1998. Während 13 Jahren entwickelte er die einzigartige Maschine, die für die Serviceleistungen der Restclean AG zentral ist. Im Mai 2011 begann er mit der Arbeit, im Jahr 2012 stellte er einen ersten Mitarbeitenden an. Heute sind es 26 Mitarbeitende. «Es war mir früh klar, dass man für diesen Job einen sauberen Auftritt braucht, eine saubere Kommunikation, und dass man zeigen und erklären muss, was man tut», sagt er. «Am Anfang war ich jedoch selber sehr nervös und wusste noch nicht, was ich heute weiss. Ich musste mich konzentrieren, damit ich keine Fehler machte. Erst mit der Zeit wurde mir wichtig, dass die Kunden bei der Arbeit dabei sind.»

«Gaht nöd, git’s nöd», sagt Roger Mäder, wenn er über Priskus Teiler spricht. «Er kann sehr hartnäckig sein. Es muss immer eine gute Lösung geben und deshalb arbeiten wir immer lösungsorientiert. Jeder einzelne Servicetechniker hat das verinnerlicht und das unterscheidet uns von anderen Servicebetrieben in dieser Branche. Wir geben uns nicht so schnell zufrieden und wollen immer besser werden. Wenn ein Hersteller einen Spülkasten in einem korrekten Zustand designt und herstellt, muss er auch weiterhin so funktionieren können. Wir haben schon für viele Kunden massivste und langfristige Probleme gelöst. Und wenn wir ein Problem nicht mehr lösen können, kann es niemand mehr lösen.»

Insgesamt hat das Unternehmen bis heute an rund 45 000 Toiletten gearbeitet. Das ist eine geballte Ladung an Erfahrungen und Know-how in einer beeindruckenden Tiefe. «Wenn wir ein WC verlassen, haben wir Tests und Kontrollen gemacht und können die Hand ins Feuer legen, dass alles passt», sagt Priskus Theiler. «Wir können es uns nicht leisten, bei vielen Toiletten einen Nachservice zu machen. Auf die 45 000 Toiletten kamen bislang erst 400 Garantie-Einsätze, das ist eine Quote von knapp 0,9 Prozent. Zum Vergleich: Im Sanitärbereich ist eine Nachservice-Quote von 20 bis 40 Prozent keine Seltenheit.»

Sich gut aufgehoben fühlen

Auch die Kundenfeedbacks sprechen für sich: 99,9 Prozent der Rückmeldungen sind mit der höchsten Zufriedenheitsstufe versehen. «Und dass rund drei Viertel unserer Aufträge aufgrund von Empfehlungen entstehen, sagt darüber auch einiges aus», sagt Roger Mäder.

Zurück zu Sabine Hübner, der Referentin am fmpro symposium 2019. Sie sagte damals: «Der Kunde muss das Gefühl haben, dass sich jemand um sie kümmert. Menschen vergessen was man sagt oder tut, aber nie, wie man sie hat fühlen lassen. Nach jeder Begegnung steht eine Geschichte. Servicekultur ist die Summe dieser Geschichten.» Was Priskus Theiler und Roger Mäder über die Servicekultur in ihrem Unternehmen erzählen, lässt sich mit diesen Worten gut zusammenfassen.

Veröffentlicht in der Fachzeitschrift „fmpro service“ (Dezember 2019).