Wer die Frage stellt, wo genau das Hospitality Management zugeordnet werden soll, eröffnet häufig fast schon philosophische Diskussionsrunden.

So mancher Leiter Hotellerie, dem ich begegnete, ist eigentlich eher ein Leiter Hospitality Management. Der Leiter Hospitality Management bewegt sich aber eher im Facility Management (FM) als in der Hotellerie und Gastronomie. Auch der Verband fmpro zählt das Hospitality Management (HM) klar zum FM. Doch weshalb ist das eigentlich sinnvoll und stimmt das überhaupt? «Es ist sogar noch etwas unübersichtlicher», sagt Erika Rupp, Bereichsleiterin BFM HF / BLH FA bei der BFF Bern. «Es gibt nämlich auch Leiter Hauswirtschaft oder Leiter Ökonomie, die allesamt das gleiche machen wie die Leiter Hotellerie oder Leiter Hospitality Management. Und: Der Begriff Hotellerie wird ebenfalls ganz unterschiedlich angewendet. Ein Hotel sieht das Thema Hotellerie als Ganzes. Spitäler wiederum verstehen ganz verschiedene Teilbereiche als Hotellerie, die einen bezeichnen den Room Service so, andere die Reinigung und die Gastronomie, bei Vierten kommt noch die Wäscherei dazu. Es ist ein riesiges Begriffe-Chaos und alle meinen, sie verstünden das richtige darunter. Das hat oft auch mit der Geschichte des Hauses oder mit der persönlichen Laufbahn zu tun. Salopp gesagt: wer sich an der ZHAW ausbildete, nennt sich eher Leiter HM, wer eine Hotelfachschule absolvierte, nennt sich tendenziell Leiter Hotellerie und wer die BFF Bern abschloss, ist eher ein Leiter Hauswirtschaft, Ökonomie, aber auch Hotellerie oder HM. Generell lässt sich eines mit Bestimmtheit sagen: Hospitality Management hat immer mit Supportprozessen zu tun. In einem Spital sind diese Dienstleistungen also Teile des HM. In einem Hotel hingegen sind die gleichen Dienstleistungen nicht Supportdienstleistungen, sondern das Kerngeschäft.»

Die Norm SN EN 15221-1
Die nächste Frage: ist das HM im FM richtig aufgehoben? Der Verband fmpro orientiert sich in seinem Profil an der FM-Definition der Norm SN EN 15221-1. Dort heisst es: «FM ist die Integration von Prozessen innerhalb einer Organisation zur Erbringung und Entwicklung der vereinbarten Leistungen, welche zur Unterstützung und Verbesserung der Effektivität der Hauptaktivitäten der Organisation dienen. […] Das Grundprinzip des FM besteht im ganzheitlichen Management auf strategischer und taktischer Ebene, um die Erbringung der vereinbarten Unterstützungsleistungen (Facility Services) zu koordinieren. Dies erfordert spezielle FM-Kompetenzen und unterscheidet das FM von der isolierten Erbringung ein oder mehrerer Dienstleistungen.»
Im Anhang B der Norm werden exemplarisch einige Anwendungsbeispiele beschrieben. Diesen Beschreibungen lassen sich ganz leicht passende mögliche Tätigkeiten aus dem HM zuordnen. Eine kleine, nicht abschliessende Auswahl:

    • Modernisierung und/oder Sanierung: Ausrüstung der Personalunterkünfte mit WLAN.
      Arbeitsplatzgestaltung und Ergonomie: Schulung zur Ergonomie in der Wäscherei, Sicherstellung, dass die Dienstleistungen fachgerecht durchgeführt werden.
    • Auswahl von Mobiliar, Geräten und Einrichtungen: Anschaffung einer neuen Kaffeemaschine für die Cafeteria, welche die Kundenbedürfnisse befriedigt und dem Betriebskonzept entspricht.
    • Unterhaltsreinigung, Maschinenreinigung: Festlegung der Reinigungsstandards, Berechnung des erforderlichen Zeit- und Personalbedarfs und des optimalen Reinigungssystems, Erstellen der nötigen Dokumente und Einsatzpläne, Schulungen, Qualitätskontrollen.
    • Vorbeugender Brandschutz: Erstellung eines Merkblattes für die kommende Adventszeit für die Wohngruppen eines Altersheims.
    • Bereitstellung von Arbeitskleidung: Berechnung und Beschaffung neuer Arbeitskleider, unter Berücksichtigung der Anzahl Mitarbeitender, Schichten, Hygiene sowie dem Wasch- und Ausgabesystem.
    • Warenempfang, Transport, Lagersysteme: Evaluation der Lagersysteme hinsichtlich der Expansion der hauseigenen Wäscherei, Entscheidung für das passende System.

Solche Beispiele machen deutlich, dass das HM sehr viele in der FM-Norm beschriebene Dienstleistungen umfasst. HM gehört offensichtlich zum FM, auch wenn es nicht sämtliche FM-Dienstleistungen abdeckt.

HM im Rahmen der Ausbildungen
In den Aus- und Weiterbildungen rund um FM wird das HM unterschiedlich stark gewichtet. Einige Beispiele:

    • Als einzige Fachhochschule der Schweiz bietet die Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW) ein Bachelor- und Masterstudium in FM an. Sie deckt alle Kompetenzbereiche auf der strategischen und taktischen Ebene ab. Im fünften und sechsten Semester können die Studierenden zwischen den Vertiefungsrichtungen HM oder Immobilienmanagement wählen.
    • Der Studiengang Dipl. Betriebsleiter/in in Facility Management HF der BFF Bern ist in elf Themenbereiche aufgeteilt und legt einen klaren Schwerpunkt im HM, auf der taktischen Ebene, aber auch mit integrierten Elementen der operativen Ebene.
    • In der eidgenössischen Berufsprüfung Bereichsleiter/-in Hotellerie-Hauswirtschaft sind die beiden Begriffe Hotellerie und Hauswirtschaft schon im Titel genannt. Inhaltlich bezieht sich die Berufsprüfung neben den Führungsthemen auf Bereiche wie Reinigung, Gastronomie oder Wäscherei.
    • Verschiedene Institutionen bieten Vorbereitungskurse auf die Höhere Fachprüfungen FML (Leiter/-in Facility Management) an. Die Bereiche Immobilien, Technik und HM werden dabei zeitlich etwa gleich gewichtet.

Der Stellenwert und die Zukunft
Die Frage der Zuordnung stellt sich für Erika Rupp auch deshalb so oft, weil der Stellenwert des HM im Vergleich zu Immobilien, Gebäudetechnik oder Gebäudemanagement noch immer weniger ausgeprägt sei und der Begriff Hospitality Management noch weniger bekannt als der Begriff Facility Management sei. «Aus meiner Sicht hat das teilweise einen geschichtlichen Hintergrund, oft wurde FM in der Schweiz zu Immobilien- und Techniklastig verstanden», sagt Rupp.
Was kann man also tun, um den Stellenwert des HM zu verbessern? «Wenn ich das Rezept hätte, hätte ich es schon lange umgesetzt», sagt Rupp. «Wir müssen informieren, uns nicht rechtfertigen und selbstbewusst auftreten. Ich gehe davon aus, dass man unsere Absolventen auch mit der erfolgten Änderung des Berufstitels zum Dipl. Betriebsleiter/-in in Facility Management HF je länger je weniger als Hauswirtschafter wahrnimmt und erkennt, dass das HM ein Teil des FM ist. Schon in den letzten 20 Jahren hat eine Professionalisierung stattgefunden und das muss so weitergehen. Man muss erkennen, dass HM vielfältige Bereiche abdeckt, die für das Gelingen eines Unternehmens sehr zentral sind.»

Veröffentlicht in der Fachzeitschrift “fmpro service” (Dezember 2015).

Zum Original-Beitrag:

 

 

 

 

 

 

 

Bild: Jorma Bork / pixelio.de