Ob am Boden oder in der Luft und ob in der Freizeit oder im Beruf: Die über 8000 Mitarbeitenden von Swiss sind viel auf den Beinen. Damit sie das auch bleiben, nahm sich die Fluggesellschaft den Stolperfallen von Flight Attendants, Piloten, Technikern und dem administrativen Personal an.
Im letzten Winter, als es zwischen Weihnachten und Neujahr in Massen schneite, fiel ein Techniker hin und brach sich ein Bein gleich doppelt. Das war einer der schwersten Sturz- und Stolperunfälle, die Oliver Aegerter bei Swiss erlebte. Er selber stürzte auch schon, in der Freizeit, als er bei strömendem Regen auf den Bus rannte, auf den glatten Holzbrettern einer Baustelle ausrutschte und sich den Kopf anstiess. «Ich hatte eine Platzwunde und war blutüberströmt. Doch obwohl der Aufprall nahe am Auge war, ging er nicht ins Auge. Ich hatte Glück im Unglück», erzählt er.
Aegerter ist Head of Occupational Safety & Health von Swiss International Air Lines. Wie in den meisten Betrieben sind Sturz- und Stolperunfälle auch hier die häufigsten Ursachen für Berufsunfälle und Nichtberufsunfälle. «Ob es nun im Beruf oder in der Freizeit geschah: Fallen Mitarbeitende nach einem Unfall aus, fehlen sie uns», sagt Aegerter. Deshalb startete Swiss eine Jahreskampagne, um die Angestellten zu sensibilisieren. Bald erkannte er: Wer schon einmal einen Sturz- und Stolperunfall erlebte, sprach häufiger über das Thema und dachte eher darüber nach.
Die Fallen
Flight Attendants, Piloten, Techniker und administratives Personal kennen jeweils ganz andere Stolperfallen. In den Büros sind es vor allem glatte Steinböden oder Kabelsalate. Die Techniker sind viel auf den Beinen und häufig der Witterung ausgesetzt. Die Piloten gehen vor dem Flug um die Maschine herum und kontrollieren sie. Ihre Schuhe sind nicht unbedingt wintertauglich und es kann einiges an Material der Bodenabfertigung im Weg stehen. Die meisten Stolperfallen gibt es jedoch für die Flight Attendants: die Absatzschuhe der Damen, abgedunkelte Kabinen in der Nacht, die Beine der Fluggäste oder Zeitschriften am Boden. «Ein Risiko sind auch die Treppen, die zum Flugzeug führen. Diese können sehr steil sein. Mit Gepäck in beiden Händen hält man sich nicht am Handlauf fest. Wenn dort jemand stürzt, kann das dramatische Folgen haben», sagt Aegerter.
Die Kampagne
Aegerter weiss, dass sportliche und Menschen mit guter Koordination seltener stürzen und sich dabei weniger schwer verletzen. Das versucht er über das Betriebliche Gesundheitsmanagement anzuregen. «Die meisten unserer Mitarbeitenden haben einen sehr guten Gleichgewichtssinn und sind sportlich aktiv», sagt er.
Er beriet sich vorgängig mit der Suva über die geplante Stolperkampagne. «Wir erhielten viel Unterstützung, Know-how und Kampagnenmaterial. Für diese Zusammenarbeit beneidet man uns im Ausland sehr», sagt Aegerter. Schliesslich wurden verschiedene Aktionen durchgeführt: zum Beispiel Artikel in der Mitarbeiterzeitung, Poster, Roadshows mit Give-aways, eine Ausstellung im Operations Center und ein Stolperwettbewerb. «Wir konzentrierten uns bewusst auf die Berufsunfälle», sagt er, «erwarten durch die Sensibilisierung aber auch positive Effekte auf die Nichtberufsunfälle.»
Eine Herausforderung war es, die rund 3600 Flight Attendants und etwa 1200 Piloten zu erreichen. Sie kommen von zu Hause, bereiten sich vor dem Flug rasch vor und sind dann auch schon wieder weg. Deshalb nutzte Aegerter die kurzen Vorbereitungen der Crews, um seine Anliegen einzubringen. «Wir hoffen, dass während der Pausen auf den langen Nachtflügen im Cockpit und in der Kabine über unsere Kampagne gesprochen wird», sagt er.
Die Effekte
Bislang zeigen die Aktionen noch keine messbare Wirkung. Die Anzahl an Sturz- und Stolperunfällen nimmt sogar leicht zu. Sensibilisierungen verändern die Sicherheitskultur, und das dauert eine Weile. Den grössten Effekt erhofft sich Aegerter von der Integration des Themas in die Techniktrainings, in den Welcome Day für neue Mitarbeitende und in die Refresher-Kurse des fliegenden Personals – der grössten Gruppe, die am schwersten zu erreichen war und die meisten Stolperfallen kennt.
Diese Refresher-Kurse haben erst im Dezember begonnen und Aegerter ist sich sicher, dass vor allem sie viel verändern werden. «Wir zeigen dort auch einen emotional berührenden Suva-Film zum Thema. Davor und danach hat man andere Menschen vor sich. Emotionen wirken immer.»
Zum Original-Artikel:
Veröffentlicht im Suva-Magazin “benefit” (Mai 2015).
Bild: Swiss
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