Das Technische Gebäudemanagement wird immer komplexer und umfasst heute eine Fülle an Themen. Der Erfahrungsaustausch unter den Experten ist deshalb ein grosses Bedürfnis. Die Fachgruppe Technisches Gebäudemanagement von fmpro trägt dem Rechnung.

Herbert Kessler ist Inhaber der Firmen MBH Technik und MBH Gastro. Der 53-Jährige schult zudem Instandhaltungs-Fachkräfte und Hauswarte und leitet seit dem Jahr 2010 die Fachgruppe Technisches Gebäudemanagement des Verbandes fmpro.

Welche Themen zählen heute eigentlich zum Technischen Gebäudemanagement?
Das heutige Technische Gebäudemanagement (TGM) ist sehr umfassend. TGM ist alles, was ein Gebäude irgendwie betrifft. Das beginnt bei der Gebäudehülle und Themen wie Isolation oder Fenster. Storen gehen rauf und runter, je nachdem ob die Sonne scheint oder nicht. Das Gebäude wird automatisch gekühlt oder geheizt, je nachdem ob es kalt oder warm ist. Die heutigen Heizungen und Wärmepumpen schalten automatisch um und erkennen, ob es Sommer oder Winter ist. Sobald die Aussenfühler eine gewisse Durchschnittstemperatur angeben, rechnen sie 48 Stunden zurück und liegt der Schnitt tiefer als 16 Grad Celsius, ist es Winter, darüber ist es Sommer. Hinzu kommen die ganzen elektrischen Themen. Mit einem einfachen Klatschen kann man heute das Licht anschalten. Und natürlich ist auch die Frage der Energieeffizienz allgegenwärtig. Das beginnt beim Wassersparen und hört bei elektrischen Installationen auf. Alles wird möglichst weit heruntergebrochen, um die zum Ziel gesetzte 2000-Watt-Technologie zu erreichen. Von zentralen Staubsaugern wird Wärme zurückgewonnen, die wieder mit der Lüftung zusammenhängt. Fenster braucht man heute nicht mehr primär zum Lüften, sondern um Wärme und Licht zu gewinnen. Rechnet man in einem Grossraumbüro mit 80 Computern, die arbeiten, wird die von ihnen abgegebene Wärme nicht mehr zugeführt. Arbeiten aber an einem Tag nur 30 Computer, wird es zu kalt und es muss wieder geheizt werden. Alle diese Themen hängen zusammen und laufen ineinander. Die Herausforderung: sobald ein Element dieser Kette falsch konzipiert oder berechnet wurde, haben wir ein Problem.

Das heisst, man muss heute Allrounder sein?
Das ist so. Früher war alles mechanisch, man nahm die Anlage auseinander und brachte sie wieder zum Laufen. Heute funktioniert nichts mehr, wenn auch nur das kleinste Teil kaputt ist. Und man muss schon fast Informatiker sein, um das zu erkennen. Alles ist sehr komplex. Hier kommt auch die Automation ins Spiel, die heute in jedes Teilthema Einzug hält. Der Elektriker ist inzwischen überall gefragt und der Instandhalter muss sehr viel wissen, natürlich spezifisch auf seine jeweilige Anlage oder sein Gebäude ausgerichtet. Im besten Fall wäre ein Instandhalter schon während dem Neubau dabei. Einige machen bereits die Planung und sind später auch die Instandhalter im Gebäude. Sie haben dann das ganze Know-how, das sie brauchen. Doch das ist heute noch nicht der Normalfall.

Wie tragen die Ausbildungen diesen Entwicklungen Rechnung?
Was in den Schulen gelehrt wird, finde ich sehr gut. Natürlich sind diese Entwicklungen immer laufende Prozesse, die Inhalte und Prüfungsfragen müssen stetig angepasst werden. Wir haben in den Prüfungskommissionen sehr qualifizierte und engagierte Menschen am Werk. Sie alle hätten im Beruf genug zu tun, bringen sich, ihre Zeit und ihr Wissen aber trotzdem vorbildlich ein. Dennoch gibt es einen Fachkräftemangel. Die Arbeitgeber sind seltener bereit, jemanden über mehrere Tage und Wochen zu entbehren. Wir sind froh um jeden Einzelnen, der seine Zeit für die Ausbildung der nächsten Generationen aufwendet.

Wie wird sich das TGM weiterentwickeln?
Es wird laufend mehr Automatisierung geben, vor allem noch stark verfeinerte und komplexere. Das wird von grossen Industrien bis hin zum Einfamilienhaus reichen. Die aktuellen Technologien, zum Beispiel Solarkraft, Wärmepumpen, Ölheizungen oder Holzschnitzelheizungen werden uns auch noch eine Weile beschäftigen.

Wie beurteilen Sie den Stellenwert des TGM heute?
In der Schweiz ist dieser noch relativ tief. Das Problem: TGM wird immer als Kostenpunkt
wahrgenommen, der das Geschäftsergebnis belastet. In einem Spital beispielsweise kann der Chefarzt ein neues Gerät wünschen, das vielleicht eine Million kostet, weil man sonst mit anderen Spitälern nicht mehr mithalten könne. Es wird gekauft. Kommt der Instandhalter und sagt, er brauche ein neues Gerät für ein paar zehntausend Franken, weil man ansonsten gewisse Dinge nicht adäquat kontrollieren könne, landet dieser Wunsch im Budget. Dort ist das TGM ganz unten angesiedelt. Geht es dann um die Anschaffungen, wird von oben her eingekauft und von unten her gestrichen. Plötzlich fällt eine Maschine aus, was zu hohen Verlusten führt. Erst dann wird dem Betrieb bewusst, was das TGM eigentlich macht und weshalb es gewisse Investitionen und Anschaffungen braucht. In Deutschland, Österreich oder Italien ist man da schon weiter. Dort ist der Instandhaltungsleiter inzwischen häufig ein Mitglied der Geschäftsleitung. Bereits vor der Anschaffung einer Maschine wird er hinzugezogen. Er kann beurteilen, wie wartungsfreundlich das Produkt ist und was es allenfalls zusätzlich zu beachten und zu bedenken gäbe. Je früher er dabei
ist, desto mehr kann er erreichen.

Fehlt dieses Bewusstsein in der Schweiz noch gänzlich?
Auch hier gewinnt das TGM an Stellenwert, das hat auch mit den Berufsprüfungen zu tun. Früher hatte man einen Hauswart, auch Abwart genannt. Wie es der Name schon sagt, wartete er ab, bis etwas passierte. Dann wurde er aktiv. Heute kümmert man sich um die Dinge, bevor sie kaputt gehen. Mit einer guten Instandhaltung kann man die Lebensdauer von Maschinen, Anlagen und Gebäuden deutlich verlängern und damit viel Geld sparen. Es gibt hier aber noch immer sehr viel Potenzial.

Wie kann die Fachgruppe Technisches Gebäudemanagement in all diesen Fragen unterstützen?
Die Fachgruppe besteht aus Verbandsmitliedern, häufig in leitenden Positionen in der Instandhaltung, aber auch aus Instandhaltern spezifischer Teilbereiche. Da kommen ganz unterschiedliche Branchen zusammen, Spitäler, Flughafen, Fleischverarbeitung, Wasserversorgung, Recycling und viele andere. Schlussendlich ist es egal, aus welchem Betrieb jemand kommt – ein Motor bleibt ein Motor, ein Förderband bleibt ein Förderband. Wir treffen uns zwei Mal im Jahr und setzen für diese Sitzungen jeweils ein Schwerpunktthema. Wir sprachen schon über Arbeitssicherheit, Legionellen im Wasser, Entsorgung, Heizungen und vieles mehr. Der Austausch untereinander ist dabei sehr zentral. Wir nehmen uns viel Zeit, um den Mitgliedern im Alltag benötigtes Know-how zu vermitteln. Man kann sich an die anderen Teilnehmer wenden und Fragen stellen. Auch zwischen den Sitzungen kann man als Mitglied unsere Adressliste nutzen und eine Umfrage starten oder ein Problem schildern. Dieser Gedankenaustausch ist ein zentraler Punkt der Fachgruppe und ein gutes Netzwerk wird auch im TGM immer wichtiger. Das wird auch rege genutzt und wir freuen uns, den Verbandsmitgliedern so einen Mehrwert bieten zu können.

Welches sind die nächsten Themen und Termine?
Am 21. Mai 2015 treffen wir uns in Basel bei der Firma Sauter Building Control Schweiz AG und sprechen über Regeltechnik. Am 26. November 2015 sind wir im Reha Zentrum Kinderspital Zürich in Affoltern am Albis und fokussieren uns auf Holzschnitzelheizungen. Wir freuen uns immer über Vorschläge und Gastgeber, die uns neue Einblicke, Inspirationen und Themen ermöglichen.

 

Zum Original-Artikel:

 

 

 

 

 

Veröffentlicht in der Fachzeitschrift „fmpro service“ (Mai 2015).