Die FM-Branche werde heute ganz anders wahrgenommen als noch vor wenigen Jahren, sagt Nicole Piot. Als Vorstandsmitglied von fmpro arbeitet sie daran, dass auch der Verband besser wahrgenommen wird.

Nicole Piot ist bei Bilfinger HSG Facility Management die Key Account Managerin für IBM Schweiz und betreut die neun IBM-Standorte hierzulande. Als Vorstandsmitglied im Verband fmpro fokussiert sie primär den Bereich Kommunikation. In diesem Ressort ist derzeit vieles im Wandel.

Welche Aufgaben haben Sie im Berufsalltag?
Grundsätzlich verantwortet meine Aufgabe als Key Account Managerin für IBM, dass der Vertrag, den die Bilfinger HSG Facility Management mit IBM hat, in der Schweiz umgesetzt wird. Alle vereinbarten FM-Dienstleistungen müssen an allen neun Schweizer Standorten erbracht werden. Diese sind teils sehr klein, teils sehr gross und befinden sich in allen Sprachregionen der Schweiz. Hauptsächlich arbeite ich vom Gebäude an der Vulkanstrasse in Zürich aus, dem Hauptsitz der IBM Schweiz, hier gibt es für rund 2000 Mitarbeitende rund 1200 Arbeitsplätze, die im Rahmen eines Desk-Sharing-Konzeptes organisiert sind. Andere Standorte haben nur eine Handvoll Mitarbeitende. Ich bin regelmässig an diesen Orten, von Basel über Bern oder Lausanne bis nach Genf. Der persönliche Kontakt zu meinen Leuten ist mir sehr wichtig und für ein gemeinsames Verständnis der Leistungserbringung unerlässlich.

Was sind die grössten Herausforderungen dieser Aufgabe?
Es gibt verschiedene Ebenen. Auf der operativen Service-Ebene haben alle FM-Fachleute die gleichen Herausforderungen. Unsere Branche ist sehr breit. Also gilt es ein relativ grosses Fachwissen über eine grosse Themenpalette zu entwickeln und zu wissen, welche gesetzlichen Anforderungen und Normen es dafür gibt. Das ändert sich zudem laufend. An den kleineren Standorten gibt es bei den ausführenden Fachleuten keine Spezialisierungen, das heisst diese Menschen erledigen zwar repetitive, aber doch sehr vielfältige Arbeiten. Sie müssen einiges auf dem Kasten haben, um alle Prozesse zu verstehen und solche Mitarbeitende sind nicht sehr breit gesät. Dann gibt es Herausforderungen auf der vertraglichen Ebene. Wir haben hier einen langjährigen Vertrag und dürfen während fast 20 Jahren für IBM Leistungen erbringen. In einem solchen Zeitraum verändert sich natürlich vieles, zum Beispiel die Orte der Leistungserbringung, aber natürlich auch Inhalte, Level und Strukturierung der Leistung. Man erwartet von uns, dass unsere Services nicht schlechter, jedoch günstiger werden. Das verlangt nach Kreativität in der Leistungserbringung und nach einer permanenten Ausrichtung an den Zielen. Die Organisation passt sich laufend an, sucht und schafft Synergien. Jeder ist gefordert und muss stetig andere Aufgaben übernehmen können, Teams werden miteinander verbunden, Leerzeiten gilt es zu vermeiden. Das ist anstrengend, besonders für das Management, aber es ist auch sehr spannend. Eine weitere Ebene – und das ist eine allgemeine Tendenz, die wir sehr gut spüren: Die Dokumentation wird immer wichtiger, somit auch die Administration, und manchmal befürchtet man, dass bald mehr Kraft in die Administration als in die Leistungserbringung fliesst. Eine sehr spezielle Herausforderung bietet zudem das Datacenter in der Romandie. Es muss immer laufen und darf unter keinerlei Umständen ohne Strom- oder Kälteversorgung sein. Wir investieren hier international – Bilfinger darf ja in 15 Ländern Lokationen und Datacenter für IBM betreuen – viele Ressourcen, definieren Prozesse und tauschen Best Practices aus.

Welche Leistungen erbringen Sie konkret?
Wir sind für IBM ein klassischer total FM Provider. Das grösste Volumen besteht dabei in IGM, an zweiter Stelle TGM, das kleinste in KGM. Wir kümmern uns also um alle technischen Anlagen, die in der Verantwortung von IBM stehen. Das grösste Portfolio ist da im Datacenter zu finden mit seinen grossen Kühlgeräten und Stromverteilungen, alles ist gross und von allem gibt es viel. Das ist eine ganz andere Nummer und es braucht auch andere Mitarbeitende für diese Services. Ansonsten erbringen wir Leistungen eher infrastruktureller Natur: Reinigung, Sicherheit vom Notfallkonzept bis zum Management der Schliessmedien, Datenbankenpflege, Helpdesk, Grünpflanzen, Entsorgung, Health & Safety, Konferenzraummanagement, Büromaterial, Projektarbeiten wie Umzüge, Verdichtungen oder Reduktionsprojekte, Space- und Workplace-Mangement, Postleistungen und vieles mehr.

Welche Herausforderung bieten die verschiedenen Sprachen?
Das ist ein wichtiges Thema. Wir haben einen schweizweiten Auftrag, einen in Englisch formulierten Vertrag und ein Team aus deutsch- und französischsprachigen Mitarbeitenden mit und ohne Migrationshintergrund. Auf Management-Ebene hat man oft die Illusion, alle verstünden Englisch. Doch das ist nicht unbedingt so. Alle Mitarbeitenden sprechen zwar ziemlich gut Englisch, trotzdem funktioniert das nicht, wenn es tatsächlich ans Eingemachte geht. Die Romandie muss sich gleich angesprochen fühlen und Informationen müssen landesweit ausgetauscht und überall so verstanden werden, dass es am Ende auch funktioniert. Das gilt ebenso für sämtliche Dokumentationen, Handbücher, Checklisten oder Prozessbeschreibungen, alles muss unbedingt in Deutsch und Französisch verfügbar sein. Die Integration von Mitarbeitenden in das landesweite Team, in ein übergeordnetes Ziel und in ein gleiches Verständnis der Leistungserbringung, das ist eine spannende, aber keine einfache Aufgabe.

Wie bringen Sie solche Themen und Ihre Erfahrungen in den Verband ein?
Die Themen der Leistungserbringung sind schon im Verband, es sind klassische Fragestellungen in der FM- und Maintenance- Branche. Ich bringe im Vorstand und im Verband eher meine Vision für die Kommunikation ein, wie wir unsere Mitglieder repräsentieren und ihnen einen Mehrwert bieten können. Das ist sehr wichtig und wir sind uns dessen im Vorstand bewusst. Die Fachzeitschrift nehmen die Mitglieder sehr stark wahr und geben laufend Rückmeldungen. Das ist eine Darstellung und ein Mehrwert des Verbandes und dazu trage ich gerne bei. Auch die Homepage ist damit verknüpft. Wir arbeiten an einer Verbesserung, eine neue Version ist in Erstellung. Auch auf elektronischem Weg soll man als Mitglied Mehrwerte erleben können. Zudem ist das Repräsentieren der Sprachregionen ein Dauerthema. Wie schaffen wir es, dass wir in allen Landesteilen der massgebende Verband in diesen Fragen sind?

Noch ist der Verband eine stark Deutschschweizerisch geprägte Organisation?
Die Deutschschweiz hat die grösste Population und das entwickelt eine gewisse Eigendynamik. Wo die meisten Leute sind, läuft auch am meisten. Das gilt für Ausund Weiterbildungen, für Aktivitäten aller Art und auch für Arbeitsplätze. Es ist schwierig, in die anderen Regionen zu kommen, wo durch die kleinere Population weniger Ausbildungsgänge geführt werden, weniger Fachleute da sind und die Branche dadurch eine andere Dynamik hat. Es muss ein Ziel sein, dass es mehr FM-Ausbildungen in der Romandie gibt und die vorhandenen stärker werden. Die Branche ist da eher schwach auf der Brust. Den Bachelor und Master in FM gibt es nur in Wädenswil und Studenten aus der Romandie trifft man dort selten an. Den West-schweizer Markt erlebe ich oft so, wie er in der Deutschschweiz vor vielleicht zehn Jahren war: dynamisch, voller Elan aber etwas handgestrickter. Nicht zuletzt dank den gefüllten Rängen des Bachelor der ZHAW ist der Anspruch an FM-Leistungen in der Deutschschweiz sowohl auf Anbieter- wie auch Nachfragerebene anders und professioneller.

Müsste sich der Verband hier mehr engagieren?
Die Ausbildung ist ein wichtiger Fokus und Pfeiler des Verbandes und die Romandie wird dabei nicht vergessen. Mein Westschweizer Vorstandskollege Peter Klopfenstein hat dafür ein schönes Bild: Bringt man das Schiff auf den See, damit die Leute kommen und damit fahren, oder holt man die Leute an den See und baut ein Schiff, sobald es genug Leute hat? Die Frage impliziert eigentlich schon eine Antwort, die dann aber doch nicht so einfach umzusetzen ist. Der Verband sieht die Notwendigkeit, das Schiff auf den See zu bringen, aber es braucht auch Mittel dazu. Wir haben in unserer Strategie nach Wegen gesucht, diese Mittel langfristig zu sichern. Einer davon ist das Printmagazin, welches für die Mitglieder ein gefragtes Medium sein soll und dadurch für Partner und Investoren eine tolle Plattform. Entscheidend sind auch die Fachgruppen des Verbandes, sie spielen gerade für junge Berufskollegen und für das Networking eine grosse Rolle. Alle diese Elemente hängen zusammen. Wenn sich die Mitglieder bei uns gut aufgehoben fühlen, wächst und lebt die Gemeinschaft, woraus sich automatisch mehr Mittel generieren, welche dann wiederum in weitere Projekte für unsere Mitglieder investiert werden können.

Wie kamen Sie zum Verband fmpro?
Ich trat im Rahmen der Ausbildung ein, als ich den Bachelor in FM machte. Alle Absolventen waren zu der Zeit im Verband, die Frage stellte sich gar nicht. Im Jahr 2006 ging ich für längere Zeit ins Ausland und trat deshalb aus, so wie ich sämtliche Mitgliedschaften kündigte. Nach meiner Rückkehr kam ich im Rahmen meiner neuen Stelle wieder in Berührung mit fmpro und war immer wieder an den Anlässen dabei, zudem wirkte ich an einigen Projekten mit. Eines Tages wurde ich angesprochen, ob ich mir vorstellen könne, mich im Vorstand zu engagieren. Ich fühlte mich von der spannenden Anfrage geehrt und sagte mit der Unterstützung des Arbeitgebers zu. Das war im Jahr 2012.

Welchen Stellenwert haben der Verband und das FM aus Ihrer Sicht?
Das FM ist eine unheimlich spannende Branche. Weiterbildung wird schon im Berufsalltag auf dem Silbertablett präsentiert. Ohne Kurse zu belegen, lernt man dauernd dazu. Es ist zudem eine wichtige Branche, die ein grosses Volumen repräsentiert, sowohl in der Anzahl Menschen als auch in Geld. Die Branche tritt langsam aus dem Schatten. Der Markt saugt die Berufsleute richtiggehend auf, wer von der Fachhochschule kommt, verschwindet sofort im Markt. Die Branche hat sich stark professionalisiert – noch vor sieben Jahren, als ich aus dem Ausland zurückkehrte, herrschten ganz andere Zustände. Wenn die Entwicklung so weitergeht – und ich sehe nicht, weshalb sie das nicht sollte – sind wir in fünf Jahren schon wieder an einem ganz anderen Ort. In diesem Zusammenhang erhält natürlich auch der Verband eine andere Rolle und ein anderes Image. Ich bin mir sicher, dass er in fünf Jahren grösser, besser organisiert und bekannter ist und seinen Mitgliedern noch mehr bieten kann. Meine Vision ist es auf jeden Fall, dass es für eine Berufsperson eine Selbstverständlichkeit ist, dass er oder sie dabei ist und von uns repräsentiert wird, dass wir wichtige Fragen behandeln und Einfluss auf die Wirtschaft und teils auch auf die Politik nehmen werden.

 

Zum Original-Artikel:

 

 

 

Veröffentlicht in der Fachzeitschrift “fmpro service” (Mai 2015).