Bild: zVg –
Als sieben von acht Kindern auf das gleiche zeigten, wusste sie es: Connie Kelly hatte das Rezept, das sie suchte. Nach neun Monaten und über hundert Rezepturen stand das Ketchup auf dem Tisch, das nicht nur gesünder war, sondern auch besser schmeckte als die gewohnten Produkte.
Ein Food-Start-up zu gründen. Das war die Idee von Connie Kelly, ihrem Mann John und den zwei Freunden Greg und Suze. «Ich wuchs in einem Haushalt auf, wo man immer gut ass, einfach aber gesund», erzählt Connie Kelly. Das hatte Einfluss auf ihre Berufswahl. Sie wurde Köchin und Ernährungswissenschaftlerin und gründete vor zehn Jahren eine eigene Ernährungs- und Koch-Coaching-Firma. Dadurch arbeitete sie häufig mit Familien zusammen und half ihnen, gesund zu kochen und Methoden zu finden, wie man Kinder zu gesundem Essen überreden kann. «Das ist die grosse Herausforderung», sagt sie. «Viele Lebensmittel irritieren Kinder einfach. selbst ass als Kind zum Beispiel keinen Randen, ich schmeckte da nur Erde. Aber als Mutter und Ernährungswissenschaftlerin weiss ich, dass Kinder gewisse Lebensmittel eher probieren und akzeptieren, wenn eine Sauce dabei ist, die sie gerne essen. Saucen können dazu verleiten, anders zu essen.»
Es war dem Team ganz klar, dass es sich um ein alltägliches Lebensmittel handeln soll, das bei Familien oft auf dem Tisch steht und das auch gesund sein soll. Every Day, Family und Goodness, das waren die Stichworte. Sie wollten etwas Schmackhaftes machen und nur gute Zutaten drin haben. Als Connie und John Kelly mit ihren Kindern Jack und Vince während einer längeren Reise in Neuseeland waren, fiel der Groschen. «Ketchup ist dort auf jedem Teller, immer und überall, es ist eigentlich eine eigene Food-Kategorie», sagt Connie Kelly. «Auch in Europa und Nordamerika landet es häufig auf den Tellern. Doch in Neuseeland gab es sogar Ketchup, das kaum Tomaten drin hatte, sondern ein furchtbares Gemisch aus Farbstoffen und Zucker war.» Als sie wieder zu Hause waren, in Stäfa am Zürichsee, fing sie in der eigenen Küche an zu experimentieren: in Connies’s Kitchen also.
Mittagstisch als Testphase
«Es sollte ein authentisches, gesundes, schmackhaftes und reichhaltiges Ketchup sein, vollgepackt mit gutem Zeug», sagt sie, «ein Naturprodukt mit Bio-Label, ohne Zusatzstoffe, zugefügten Zucker, Fruchtsäfte oder Konzentrate, sondern mitsamt allen Ballast- und Mineralstoffen aus dem verwendeten Gemüse. Ein Ketchup, das Eltern ihren Kindern mit gutem Gewissen auf den Tisch stellen können.» Sie liess also den Zucker und alle Konservierungs- und Verdickungsmittel weg, packte Obst dazu, Gewürze, Essig, um die Balance eines Ketchup zu erreichen – und war lange nicht zufrieden. «Es ist eine grosse Herausforderung, ein gutes Ketchup hinzubringen», sagt sie. «Es hat alle fünf Geschmacksrichtungen drin – süss, sauer, salzig, bitter und umami. Die müssen perfekt harmonieren.» Und wenn sie glaubte, die Harmonie getroffen zu haben und mit einem Rezept zufrieden war, schmeckte es drei Wochen später ganz anders. Gerade weil es ein reines Naturprodukt ohne Zusatzstoffe und Stabilisatoren ist, veränderte sich der Geschmack im Lauf der Zeit.
Neun Monate und mehr als hundert Rezepte lang ging das so. Sie veränderte nicht nur die Zutaten, sondern auch die Methoden. Sie röstete Tomaten im Ofen vor oder köchelte diese im offenen Topf. Es war ihr wichtig, dass ihr Ketchup sowohl Erwachsenen als auch Kindern schmeckt. Doch die Kinder entscheiden letztlich, ob ein Ketchup im Haushalt ist oder nicht. Also begann sie damit, die Freunde ihrer Söhne regelmässig zum Mittagstisch einzuladen. Sie kochte und stellte dazu zwei bis drei Ketchups auf den Tisch. Das Feedback der Kinder half und sie kam dem richtigen Rezept immer näher. Als eines Tages sieben von acht Kindern fanden, dass ihr Ketchup besser schmeckt als die anderen, wusste sie, dass sie das Rezept gefunden hat.
Von Stäfa in die Produktion und auf den Tisch
Dann ging es darum, das Produkt in grösseren Mengen herzustellen, was in der eigenen Küche in Stäfa natürlich nicht möglich war. Und damit begann das Pröbeln von vorne. «Wir fanden schon während unseren Tests einen Hersteller, der mit Bio-Lebensmitteln arbeitet und auch Saucen macht», erzählt Connie Kelly. «Aber die hatten ganz andere Prozesse. Wir mussten wieder vieles anpassen und ausprobieren. Gewisse Zutaten, die der Hersteller in Bio-Qualität und in den nötigen Mengen besorgen kann, schmecken leicht anders. Das war sehr spannend, aber es dauerte nochmals einige Monate, bis auch das richtig eingestellt war.» Dann musste eine Flasche ausgesucht werden, eine Etikette wollte designt sein, und was einfach klingt, war wieder ein langer Prozess. Es half, dass es im Team zwei echte Experten in genau diesen Fragen gibt: John und Greg haben beide mehr als 15 Jahre in der Lebensmittelindustrie gearbeitet, im Marketing und Marken-Aufbau.
Die Rezeptur stand also, die Produktion lief, das Ketchup wurde in ausgewählte Glasflaschen abgefüllt und die haben eine schöne Etikette – aber noch standen sie nicht auf den Tischen. Wie also bringt man das neue ‘Connie’s Kitchen Ketchup’ an den Mann, an die Frau und vor allem an die Kinder? «Wir gingen anfangs von Tür zu Tür, klopften an und stellten uns und das Ketchup vor. Wir baten die Leute, es zu probieren und uns wissen zu lassen, was sie davon halten», erzählt Connie Kelly. «Das haben wir ein Jahr lang gemacht, erfolgreich, aber natürlich auch limitiert im Raum Zürich. Heute arbeiten wir mit ein paar tollen Partnern zusammen und vertreiben das Ketchup schweizweit, sind in über 150 Läden vertreten und natürlich haben wir auch einen Online-Shop. Man findet das Ketchup immer häufiger auch in Restaurants, obwohl wir noch gar nicht auf diesen Bereich zugingen – die Gastronomie kam auf uns zu. Sie hörten davon und interessierten sich dafür. Ein Beispiel ist das Urban Fork in Zürich. Die bieten gute Burger und Pommes an, dazu wollten sie auch ein gutes Ketchup haben. Der Schweizerhof in Lenzerheide stellt es inzwischen auch auf den Tisch und auf die Wintersaison hin möchten es einige Betriebe mehr übernehmen. Wir haben deshalb Gastro-Versionen entwickelt, zum Beispiel in kleineren Gläsern und als Nachfüll-Optionen. Wir merken, dass auch Restaurants heute stark umdenken. Sie möchten nicht einfach nur das gute, lokale Bio-Fleisch anbieten, sondern unter anderem ein gutes, lokales Ketchup hinstellen.
Die Zauberformel
Italienische Pelati-Tomaten, Kürbis, Äpfel, Datteln, Randen, Knoblauch, Balsamico-Essig, Piment, Meersalz. Das ist alles, was drin ist. Man könnte es also ganz leicht nachbauen. Doch so einfach das klingt, so schwierig ist es. «Ich bin Köchin und kann viel, aber das war schon eine ganz andere Dimension. Ich konnte mir anfangs nicht vorstellen, wie herausfordernd das ist und wie lange es dauern wird. Wohl auch deshalb sind wir der einzige Bio-Hersteller, der ohne Zucker aber mit ganzem Obst und ganzem Gemüse Ketchup macht. Umso stolzer sind wir darauf», sagt Connie Kelly. Das Bio-Knospe-Label lag dem Team ganz besonders am Herzen. «Das ist zwar aufwändig und nicht immer einfach, aber wir wollten das unbedingt schaffen», erzählt sie. «Das Label ist ziemlich strikt und soziale und nachhaltige Aspekte fliessen sehr weit ein. Uns war zum Beispiel wichtig, dass die Datteln aus Tunesien nicht nur Bio sind, sondern auch unter fairen Bedingungen angebaut werden. Und natürlich muss man ganz besonders rund um die Verfügbarkeit der Zutaten sehr gut planen und reagieren. Seit einem halben Jahr gibt es das Ketchup als Jalapeños-Variante, also eine leicht scharfe Version. Die Jalapeños, die in der Schweiz angebaut werden, können dieses Jahr wegen dem kühlen und nassen Frühling erst mit einem guten Monat Verspätung geerntet werden.»
Die ersten Flaschen «Connie’s Kitchen Ketchup» wurden im August 2018 verkauft. Über aktuell produzierte Mengen kann sie gar keine verlässliche Auskunft geben, da es fast täglich massiv mehr werden. «Wir wachsen wie verrückt», sagt sie – und arbeitet schon an einem nächsten Projekt. In spätestens zwölf Monaten will sie mit einem weiteren Produkt bereit sein. «Ich verrate noch nichts, aber es soll natürlich wieder die gleichen Werte vertreten: gesund, reichhaltig, schmackhaft, bio, ohne Zucker, Konzentrate oder Zusatzstoffe.»
Zucker und Ketchup
In herkömmlichem Ketchup ist sehr viel Zucker enthalten. Die Stiftung Warentest schickte 19 verschiedene Ketchup ins Labor. Der Zuckergehalt reichte pro 100 Milliliter von fünf Gramm bis 27 Gramm. Infos: https://www.test.de/Ketchup-im-Test-1680929-0/
Dass es auch ohne zusätzlichen, raffinierten Zucker geht, beweist Connie’s Kitchen Ketchup. Es holt die Süsse alleine aus dem verwendeten Gemüse und Obst. Infos: https://connieskitchen.ch/.
Veröffentlicht im gastrofacts businessmagazin (Winter 2019).
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