Wer den praxisbegleitenden Studiengang Betriebsleiter/-in Facility Management HF der BFF Bern absolviert, ist auch auf eine Stelle angewiesen, um die für den Studiengang relevanten praktischen Erfahrungen sammeln zu können. Selten gestaltet sich die Suche nach einer solchen Stelle einfach.

Tatsächlich gibt es viele Ängste und Bedenken, die Betriebe rund um den Einsatz einer Studierenden oder eines Studierenden des praxisbegleitenden Studiengangs Betriebsleiter/-in Facility Management HF der BFF Bern haben. Wer sich dann einmal an ein solches Projekt wagt, ist jedoch häufig sehr positiv überrascht.

Beispiel 1
Zum Beispiel Sabin della Torre vom Alterszentrum Neustadt Zug. Sie weiss, wie schwierig es für die Studierenden sein kann, eine solche Stelle zu finden: «Ich war selber einmal in dieser Rolle», erzählt sie. «Als bei uns dann die Teamleiterin Lingerie pensioniert wurde, wollte ich einer Studierenden die Möglichkeit bieten, diese Teamleitung zu übernehmen und sich entfalten zu können. Also das zu schaffen, was ich damals selber nie richtig finden konnte.» Heute sind es zwei Studierende, die bei ihr arbeiten. Sie sind die Teamleiterin Restauration und die Teamleiterin Reinigung und Lingerie. «Ich merkte schnell, dass es für beide Seiten eine Win-win-Situation ist. Ich wurde in vielen Aufgaben entlastet, sie wiederum können viele Erfahrungen sammeln. Verschiedenes erarbeiten wir gemeinsam, anderes konnte ich vollständig abgeben, drittes mache ich noch immer selber», erzählt della Torre. «Als Teamleiterinnen übernehmen sie auch die Praxisausbildung der Lernenden und können diese mitgestalten, erstellen Konzepte und leiten deren Umsetzung.» Ein besonderes Beispiel sei die Reorganisation des Bereiches Restauration gewesen. Hier habe es immer wieder Stolpersteine und Widerstände gegeben. «Es ging einfach nicht vorwärts», erzählt della Torre. «Doch mit der Erfahrung der Studierenden und dem Verständnis für die Sache waren wir dann plötzlich vier Mitarbeitende, die das Projekt zogen und schliesslich rasch und erfolgreich umsetzen konnten.» Für sie ist es wichtig, dass man am Anfang mit den Studierenden zusammensitzt und aufzeigt, was möglich ist und was nicht. Der Aufwand für die Betreuung sei dann gering. Della Torre nimmt an, dass die beiden Studierenden nach dem Studium weiterziehen werden. «Das würde ich auch so machen », sagt sie. «So finden dann auch neue Studierende wieder einen Platz bei uns.» Von einer Mitfinanzierung des Studiums hält sie nicht viel. «Man kann das selber schaffen. Wenn man sich verpflichtet, nach der Ausbildung im Betrieb zu bleiben, ist die Motivation nicht mehr gewährleistet. Ich bin dafür, dass sie ihr Studium selber finanzieren und eine normale Anstellung geniessen.»
Vielleicht komme irgendwann wieder eine Zeit, in der sie jemanden suche, der oder die länger bleibt. Aber immer wieder neuen Wind zu spüren, das tue auch gut. «Unsere Themen stehen nie still, sie müssen immer wieder überarbeitet werden», sagt sie. «Da können neue Inputs nie schaden. Man muss nicht nach drei Jahren wieder von vorne beginnen, man kann das Erarbeitete leicht weiterführen. Ich kann das nur empfehlen.»

Beispiel 2
Auch Marianne Marti von der Solothurner Spitäler AG bietet solche Stellen an. «Als ich im vorherigen Betrieb eine Leiterin Hauswirtschaft im Teilzeitpensum suchte, tauchte plötzlich die Bewerbung einer Studierenden des praxisbegleitenden Studiengangs auf», erzählt sie. «Wir entschieden uns, ihr diese Möglichkeit zu bieten.» Heute ist es ein Studierender, der Ende Februar sein fünftes Semester abschloss. Er hatte ursprünglich sein Grundpraktikum in der Solothurner Spitäler AG absolviert. Danach bekam er die Gelegenheit, für das weitere Studium eine Stelle zu übernehmen und im Betrieb zu bleiben. Er arbeitet zu 60 bis 70 Prozent, in der Reinigung, im Büro und in diversen Projekten. Zudem übernimmt er Führungsarbeiten in kleineren Teams von vier bis sechs Mitarbeitenden in der Grundreinigung und der Bettenzentrale. Und er vertritt tageweise die Leitung Hauswirtschaft. «Die Studierenden bringen häufig Inputs für den Betrieb mit, je nach Berufsfeld, aus dem sie kommen», sagt Marti. «Jemand aus dem kaufmännischen Umfeld bringt einen gut gefüllten administrativen Rucksack mit. Früher hatten wir eine Drogistin, die in Sachen Kundenkontakt und Dienstleistungsgedanken sehr stark war.»
Marianne Marti vertritt in Sachen Finanzierung eine etwas andere Position als Sabin della Torre. Die Kosten des Schulgeldes werden hier finanziert. Dafür gibt es eine schriftliche Vereinbarung, die die Studierenden nach der Ausbildung verpflichtet, eine gewisse Zeit im Betrieb zu bleiben – je nach Anteil der Finanzierung. «Sie können dann auch geniessen, was sie aufgebaut und investiert haben und können das an geeignete Wissen ein- und umsetzen», sagt Marti. «Natürlich ist das auch für uns gut, wenn wir auf dieses Know-how weiter zählen können.» Für sie ist es auch ein Teil der Rekrutierung von guten Mitarbeitenden. Natürlich dürften die Studierenden aber auch weiterziehen, wenn sie das möchten. Die aktuelle Besetzung möchte sie aber gerne im Betrieb halten können. «Er ist Gruppenleiter der Bettenzentrale und der Grundreinigung», sagt sie. «Nach dem Studium würde er dann vermehrt Führungsaufgaben übernehmen.»
Marti empfiehlt einem Betrieb, der sich die Schaffung einer Stelle für Studierende überlegt, eine möglichst herausfordernde Aufgabe für die Studierenden bereit zu haben. «Man soll das in der
Schule Gelernte im Betrieb umsetzen können. Dazu gehören die Führungsaufgaben, das Übernehmen von Verantwortung. Die Studierenden brauchen Perspektiven, müssen Projekte übernehmen können und die Theorie mit der Praxis vernetzen. So profitieren am Ende beide Seiten. Und so ist es nicht nur Aufwand, sondern ein echter Gewinn, auch für den Betrieb.»
Das kann weit gehen: Die erste Studierende, der Marti ein Praktikum ermöglichte, führt heute im gleichen Unternehmen einen eigenen Betrieb und steht auf der gleichen Hierarchiestufe wie sie
selbst.

 

Veröffentlicht in der Fachzeitschrift „fmpro service“ (Mai 2016).

 

Bild: zVg