Die Gesamterneuerung des UniversitätsSpitals Zürich USZ bietet eine einmalige Gelegenheit, Arbeitsweisen und Prozesse ganz neu zu denken und zu gestalten.

Das UniversitätsSpital Zürich (USZ) erneuert in den nächsten Jahren seine Infrastruktur. Das hat auch, aber nicht nur mit dem neuen Standort USZ Flughafen im Gebäudekomplex The Circle zu tun, wo derzeit auf einer Fläche von rund 11’000 Quadratmetern ein neues USZ-Ambulatorium entsteht. Auch auf dem USZ-Areal im Zentrum Zürichs steht eine Gesamterneuerung an. Sie stellt vielfältige Anforderungen, unter anderem an das Facility Management (FM). Es hat die Aufgabe, Verbindungen zwischen alten und neuen Strukturen herzustellen. Waren sollen anders transportiert, Mitarbeitende anders verpflegt, Abfälle anders entsorgt werden. Im neuen USZ soll der Betrieb besser, sicherer und effizienter laufen. Bezogen auf die bauliche und betriebliche Infrastruktur heisst das: hohe Funktionalität, Wohlbefinden, kurze Wege und einfache Orientierung für alle. Hygiene und Sicherheit sollen gewährleistet sein und unter den Mitarbeitenden sollen interdisziplinäre Zusammenarbeit und Teamarbeit gefördert werden. Das alles hat die Spitaldirektion in strategischen Grundsätzen zur Gesamterneuerung USZ festgehalten.

Transformation
Das USZ beschäftigt sich seit rund vier Jahren mit dem Thema neuer Arbeitsweisen und Prozesse im Rahmen künftigen Infrastruktur – und es wird sich auch noch lange damit beschäftigen: Das Spital plant bis ins Jahr 2047. Von Anfang an war das FM in diese Überlegungen und Transformationen involviert. «Viel zu oft müssen wir im FM einen Betrieb betreiben, ohne dass wir zuvor sagen konnten, wie wir diesen Betrieb gerne hätten», sagt Susanna Caravatti-Felchlin, Leiterin Planungs- und Baubegleitendes Facility Management des USZ. «Sind Gebäude einmal gebaut, dann sind sie gebaut. Man merkt erst danach, was alles falsch ist. Vertreter des FM müssen sich auch auf strategischer Ebene einbringen können. Dabei müssen wir zukunftsorientiert denken und uns überlegen, welche Prozesse uns in Zukunft weiterbringen.»
Im USZ war man sich dessen bewusst und fand mit Caravatti-Felchlin jemanden, die das umsetzen kann. So erhielt sie die Möglichkeit, Dinge aufzubauen und auszuprobieren. «In den meisten Spitälern erkennt man die Aufgabe erst, wenn man schon mittendrin ist. Dann beginnt man häufig nochmals von vorne. Die geplanten grossen Bauvorhaben des USZ machten es jedoch möglich, von Anfang an Prozesse und Arbeitsweisen neu zu denken und zu gestalten», sagt sie. Ihr Team hatte die Möglichkeit, in die Zukunft zu blicken. Es gab viele Brainstormings, Studienreisen in andere Länder, man las viel und sprach mit Lieferanten und beschäftigte sich mit den Entwicklungen der Technologien. Daraus wurden insgesamt 13 Stossrichtungen definiert, aufgeteilt in die drei Hauptgebiete Hospitality, Supply Chain- und Immobilien Management.

Arbeitsplätze
Auch im USZ ist das Thema Flexible administrative Arbeitsplätze ein viel diskutiertes Thema. «Sie sind für uns sehr wichtig, weil sie dazu beitragen, die Kommunikation unter den Mitarbeitenden zu fördern», sagt Caravatti-Felchlin. «Sie passen zum Arbeitsstil der Zukunft. Die junge Generation wird stärker miteinander zusammenarbeiten, auch weil ein Krankheitsbild oft mehrere medizinische Disziplinen fordert.» Das Interdisziplinäre ist ein wichtiger Punkt in der Strategie des USZ. Also soll es auch in der Administration gelebt werden, wo die Mitarbeitenden unter sich sind und wo es keine Patienten gibt. «Physiotherapeuten und Ärzte können im gleichen Büro arbeiten. Wenn dort auch gleich jemand aus dem Personalwesen sitzt, kann man von einem Austausch sicher viel profitieren», sagt Caravatti-Felchlin. «Natürlich braucht es auch Bereiche für konzentriertes Arbeiten, es braucht Bereiche für kreative Tätigkeiten und für persönliche ungestörte Gespräche. Aber es braucht auch Bereiche für den Austausch. Und diese Bereiche müssen so platziert werden, dass die Distanzen einen schnellen Wechsel von der Arbeit mit Patienten zur Arbeit im Büro ermöglichen.»
Der persönliche Büroplatz wird weitgehend verschwinden. Stattdessen sollen auf jedem Stockwerk Zonen mit frei wählbaren Arbeitsplätzen in vielgestaltiger Umgebung entstehen, die auf unterschiedliche Bedürfnisse abgestimmt sind. Das hat Auswirkungen auf die Fläche der Büros. Heute belegen sie rund 36’000 Quadratmeter, die häufig schwach genutzt werden. Das neue Arbeitsplatz-Konzept würde einen grossen Teil dieser Fläche und damit auch Kosten für Heizung, Reinigung und Unterhalt reduzieren.
Natürlich kann eine solche Veränderung auch Unbehagen auslösen. Um den Wechsel zu erleichtern, soll er mit Tipps zur Arbeitstechnik und -methodik unterstützt und begleitet werden, die auf die unterschiedlichen Mitarbeiterprofile abgestimmt sind.

Weitere Projekte
Prozesse und Arbeitsweisen werden sich auch in weiteren Bereichen verändern. Zum Beispiel:

  • Verpflegung: Das derzeitige Angebot – ein Personalrestaurant und drei Bistros – wird durch vier oder fünf auf dem Areal verteilte Gastrobetriebe ersetzt. «Für uns ist diese dezentrale Verpflegung neu», sagt Caravatti-Felchlin. «Wir möchten die Infrastruktur ausserdem so nutzen können, dass sie sowohl für Mitarbeitende als auch für Patienten und Besucher geeignet ist und dem Abend mehr Bedeutung beigemessen werden kann. So könnten auch die Patienten, die sich bewegen können, und ihre Besucherinnen und Besucher vermehrt in den Restaurants speisen. Wir können die Besucherfrequenzen erhöhen und diesen Bereich rentabler machen. Wenn wir zudem die Gestaltung anpassen, lassen sich diese Räumlichkeiten ebenfalls für Veranstaltungen oder Sitzungen flexibel nutzen. Solche Dinge kann man in einem Neubau mit einem Architekten einfach lösen. Aber man muss es zuerst wissen und konzipieren – das ist zwingend.»
  • Garderoben: Heute gibt es sie auf dem ganzen Areal verteilt, so wie die Gebäude historisch gewachsen sind. Das USZ möchte sie nun auf total vier zentrale Garderoben reduzieren. Dieses Projekt wurde bereits vorgezogen und mit zwei Pilotversuchen getestet. «Wir möchten die gesamte Dienstkleiderausgabe und -rücknahme voll automatisieren und damit den Prozess steuern können», sagt Caravatti-Felchlin. «Die ganze Wäsche wird unpersönlich und kann mit dem Badge personifiziert bezogen werden. Das braucht weniger Fläche, wird dynamischer und auch für die Mitarbeitenden flexibler. Sie können an jede der vier Garderoben und erhalten immer das, was sie brauchen. Sie haben auf die beiden Pilotversuche auch sehr gute Rückmeldungen gegeben.»
  • Lagerfläche: Das USZ hat heute verschiedene Warenlager und Anlieferungsstellen in mehreren Gebäuden. Die Lieferanten bringen sämtliche Ware auf das Areal in mitten der Stadt, das heisst Verkehrsstau, Engpässe bei den Rampen, Wartezeit, und mehr. Im Herbst wird ein neu gebautes, externes Zentrallager bezogen. Die Ware wird künftig kommissioniert mit einem Shuttle auf das USZ Areal transportiert. Dies kostet etwas mehr, erhöht aber die Effizienz und Flexibilität am Standort bedeutend und ist zudem ökologischer. Anlieferungen lassen sich gut extern abwickeln und kommissionieren. Das sind ganz andere Konzepte, die frühzeitig geplant werden müssen und für Architekten und Planer wichtig sind: braucht es ein Lagerhaus oder nicht? Wie sind die Abläufe? Wie viele Anlieferungsstellen werden benötigt? Wo genau und wie gross müssen diese sein?
  • Transporte: Solche Überlegungen haben auch Auswirkungen auf die Transportwege. Das USZ möchte Transporte innerhalb des Spitals möglichst vermeiden. Es soll keine Bettenzentrale mehr geben, also müssen auch keine Betten mehr transportiert werden. Das Inventar ist im Zimmer. «Hotels machen es uns vor und die sind durchaus kostenaffin», sagt Caravatti-Felchlin. «Es müsste also gehen.» Material, das dennoch transportiert werden muss, sollen künftig vermehrt Roboter transportieren: Das Beliefern der Tageslager auf den Stationen oder die Lieferung der Mahlzeiten an die Patientenhotellerie zum Beispiel. Diese Transportroboter sind das Kernstück des automatisierten Warentransportsystems. Sie kurvten probeweise schon durch die Gänge des USZ. «Man kann Roboter nicht genau gleich arbeiten lassen wie Menschen», sagt Caravatti-Felchlin zu den ersten Erfahrungen damit. «Also müssen wir die Prozesse neu denken. Ein Roboter kann letztlich vieles, aber er tut es anders.»
  • Entsorgung: «Das ist ein heikles Thema», sagt Caravatti-Felchlin, «und auch dieses Thema liesse sich eventuell besser lösen als bis anhin. Wir waren auf einer Studienreise in einem Spital in Holland, wo ein sogenannter Pharmafilter eingesetzt wird. Das ist eigentlich ein Schredder. Auf den Stationen kann der geschredderte Abfall durch die hauseigenen Abwasserkanäle und Reinigungsanlage entsorgt und dann aufbereitet werden, inklusive Energie- und Wasser-Rückgewinnung. In solchen Fragen kommt man mit lokalen Vorschriften in Kontakt. Aber genau das ist Innovation.» Von den bis zu zehn Tonnen Abfall, die heute täglich entstehen, könnte in einer ersten Phase die Hälfte über diese Anlage entsorgt werden, später vielleicht sogar auch die Sonderabfälle.
  • Zutritt und Signalisationen: Es wird im neuen USZ keine Schlüssel mehr geben. Auch Badges sind in der Zukunft nicht unbedingt das Zutrittsmedium des USZ. Vielleicht werden es Handvenenscanner sein, vielleicht etwas Anderes. Die Technik entwickelt sich und das USZ beobachtet diese Entwicklungen. Das tut es auch in Sachen Signalisation. Sie sollen künftig nicht mehr auf Wände gemalt werden, sondern mit Hilfe von digitalen Mitteln flexibler gestaltbar bleiben.

Tipps und Tricks
Ein Transformationsprozess ist vor allem für die Mitarbeitenden eine Herausforderung. Eine Portion Skepsis gegenüber neuen Ideen ist willkommen. Ist sie konstruktiv, trägt sie dazu bei, das Neue zu optimieren. «Konzepte, die wir ausarbeiten, sind nicht alle bis ins kleinste Detail geplant», sagt Caravatti-Felchlin. «Man muss sich trauen, gewisse Dinge zu formulieren, die noch nicht fertig durchdacht sind. Irgendwann funktionieren sie – auch in der Praxis.»
Sie empfiehlt ausserdem, in Etappen zu denken. Mitarbeitende müssen Neues lernen und Gewohnheiten abstreifen. Besonders Piloterfahrungen seien essenziell für die Transformation und für die Gestaltung der Zukunft. «Sie liefern wichtige Erfahrungen und schaffen die höchste Akzeptanz, die vor einer Umsetzung möglich ist. Sie helfen enorm.», sagt Caravatti-Felchlin. «Aber das braucht natürlich Zeit und Kapital – und Anbieter, die das realisieren und mitfinanzieren wollen.»
Kommt es zu unerwarteten und unerwünschten Entwicklungen, könne die Planung darauf reagieren. Das planungs- und baubegleitende Facility Management ermögliche einen nahtlosen Übergang von der Erstellungs- in die Nutzungsphase eines Gebäudes. Und eine solche integrale Sicht in der Planung sei massgebend für die Nutzungsqualität und die Wirtschaftlichkeit. Auch deshalb hat das FM einen hohen Stellenwert im Organigramm des USZ. «Das Management muss dahinterstehen», sagt Caravatti-Felchlin. «Sonst hat man keine Chance.»
Was ihr ebenfalls ganz wichtig ist: ein gutes Netzwerk. «Wir könnten kein baubegleitendes FM betreiben, wenn wir nicht miteinander Erfahrungen austauschen», sagt sie.

Veröffentlicht in der Fachzeitschrift “fmpro service” (März 2017).

Bild: USZ